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Berlin: Rasenstück für Kletterer

Steil und teuer: Die Grünfläche vor den Neubauten am Potsdamer Platz ist fast fertig – doch sie gefällt kaum jemandem

„Hässlich“, schimpft Jutta Schade, die an der Köthener Straße wohnt und hier „nur zwangsläufig vorbeikommt“. Der Hamburger Biologe Walter Liese versteht die Anlage nicht. „Ein Unsinn, eine Geldverschwendung. Was hat der Bürger davon?“ Die Jugendliche Katerina Nikolova, die gut im Klettern ist, findet die neue Grünfläche zwischen Linkstraße und neuer Gabriele-Tergit-Promenade am Potsdamer Platz „ganz gut“.

Was aber hätte wohl Tilla Durieux beim Anblick der teilweise sehr steilen Böschungen gesagt? Sie, die gebürtige Wienerin, eine die gefragtesten Künstlerinnen der Weimarer Republik und spätere Berliner Staatschauspielerin. Sie soll von schönen Grünanlagen mit Brunnen geschwärmt haben. Der Park, der so umstritten ist, trägt ihren Namen. Er ist so gut wie fertig, zwar noch von Bauzäunen umgeben, aber vorm letzten Schliff. Wer klettern kann, hat mehr vom Grün, denn die lang gezogene Wiese, die mal eine Blumenwiese sein soll, wächst auf einem Hochplateau, das über steigende und abfallende Böschungen erreicht werden kann. Von einer „rotierenden Graskultur“ spricht das holländische Landschaftsarchitekturbüro DS. Es hatte den Grün-Wettbewerb gewonnen, der auf das Jahr 1995 zurückgeht. Damals starrte alles wie gebannt auf die Neubauten, die am Potsdamer Platz entstanden, was aber an Grün geplant war, schreckte erst vor zwei Jahren anliegende Investoren wie Daimler-Chrysler oder HVB auf. Die bis auf eine Höhe von drei Metern geplanten Böschungen seien wenig fußgängerfreundlich, die Sicht auf die Bauten erschwert. Das Drei-Millionen-Euro-Projekt soll einem neuen Entwurf Platz machen, „möglichst einfach und transparent.“ Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Bezirk Mitte meinten, die Kritik komme spät. Es blieb bei den geplanten Böschungen, die einigen Passanten „wie eine neue Mauer“ vorkommt.

Christian van Lessen

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