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Berlin: Rathausbrand: Baumängel festgestellt

Lüftungsanlage ohne Schutzklappen eingebaut und Bohrlöcher offengelassen / Dioxin freigesetztVON MICHAEL BRUNNER Berlin.Offenbar haben Baumängel die Brandschäden am Rathaus Schöneberg begünstigt.

Lüftungsanlage ohne Schutzklappen eingebaut und Bohrlöcher offengelassen / Dioxin freigesetztVON MICHAEL BRUNNER Berlin.Offenbar haben Baumängel die Brandschäden am Rathaus Schöneberg begünstigt.Ein Ingenieur für Arbeitsschutz, der als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr am Einsatz beteiligt war, sagte dem Tagesspiegel, daß die Lüftungsanlage nicht den Anforderungen entspreche.Auch beim Einbau des Computernetzes hätten Firmen gepfuscht."So etwas habe ich noch nie gesehen", so der Experte.Bei dem Schwelbrand am vergangenen Mittwoch war das Gift Dioxin entstanden.Wie Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Grüne) am Dienstag nach einer Sitzung des Bezirks-Krisenstabs sagte, sind einzelne Etagen mit beträchtlichen Mengen des Giftes belastet.An einigen Punkten im Haus haben Experten Mengen ermittelt, die deutlich über den zulässigen Grenzwerten liegen.Die Messungen sind noch nicht abgeschlossen. Nach Meinung von Brandexperten konnte der beim Brand entstandene Rauch - und mit ihm das Dioxin - nur deshalb bis unters Dach ziehen, weil der Brandschutz grob vernachlässigt worden sei.Beim Einbau der Lüftungsanlagen sei versäumt worden, die Kanäle mit Brandschutzklappen zu versehen.Moderne Lüftungsanlagen seien mit Klappen ausgestattet, die über Rauchmelder gesteuert werden.Im Brandfall schließen sich die Klappen.Ein Vorsorge, die im Rathaus Schöneberg nicht getroffen wurde.Zudem versäumten die Handwerker offenbar, Löcher abzudichten, die sie für die EDV-Leitungen des Computernetzes gebohrt hatten.Der Auftraggeber hat die Pflicht, die Arbeiten zu kontrollieren und Mängel beseitigen zu lassen.Dies wurde versäumt.Verantwortlich ist das Bezirksamt. Zur Schadenshöhe gab es gestern keine genauen Angaben.Sicher ist, daß der Brandschutt entsorgt werden muß und daß alle Böden, Decken, Wände, Möbel und Computer gereinigt werden müssen.Alles ist von einer Rußschicht überzogen.Außerdem müssen sämtliche Versorgungsleitungen erneuert werden.Über den Umfang der notwendigen Entgiftung gab es ebenfalls noch keine Angaben.Die Kostenschätzungen reichen bis zu mehreren Millionen Mark. Der Krisenstab war gestern damit beschäftigt, den Notbetrieb der Ämter zu organisieren."Wir bleiben mindestens zwei Wochen lang in den Notquartieren", sagte Elisabeth Ziemer und verwies Ratsuchende auf das Bürgertelefon (787 68 888).Dort seien die Not-Telefonnummern von Einwohneramt, Standesamt, Wohnungsamt, Stadtplanungsamt, Bau- und Wohnungsaufsichtsamt, von Bezirkskasse und Haushaltsamt zu erfahren.Einen Tagungsort für die nächste Bezirksverordnetenversammlung (16.April um 16 Uhr) war gestern noch nicht gefunden."Die nächste BVV ist nicht unsere größte Sorge", hieß es. Dioxin ist am gefährlichsten in Verbindung mit Chlor.Dazu kann es bei Bränden kommen, etwa wenn Kunststoffkabel verschmoren.Das war im Rathaus Schöneberg der Fall.Tetrachlordibenzo-Dioxin kam 1978 als Sevesogift in die Schlagzeilen.Im akuten Fall reizt das Gift Augen, Nase und Rachen bis hin zu Schwindelgefühl, Übelkeit und Erbrechen.In schweren Fällen tritt nach einigen Tagen Juckreiz ein.Die Vergiftung kann Chlorakne hervorrufen, ein langwieriges Leiden.Außerdem können Leberschäden auftreten.Dioxine gelten als krebserregend.

MICHAEL BRUNNER

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