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Rauchverbot: Abgeordnete machen keine Zigarettenpause

Rauchverbot überall, außer in Fraktionsbüros? Parlamentarier wollen auf Nikotin in Pausen nicht verzichten.

Die Luft wird dünn für Raucher in Berlin. Es sei denn, Nikotinsüchtige haben das Glück, als gewählte Volksvertreter im Abgeordnetenhaus zu arbeiten. Denn ausgerechnet die Parlamentarier, die demnächst höchstwahrscheinlich mehrheitlich ein strenges Rauchverbot in der Gastronomie sowie in öffentlichen Einrichtungen und Behörden beschließen werden, wollen in ihren Büros auch in Zukunft nicht auf Tabakgenuss verzichten.

Der Entwurf für das neue Nichtraucherschutzgesetz, der vom Senat bereits abgesegnet wurde, wird voraussichtlich nach der Sommerpause das Parlament passieren. Doch in den Fraktionen wird zurzeit heftig gerungen, ob die Abgeordneten wenigstens in ihren persönlichen Büros weiter blauen Dunst verbreiten dürfen. In allen Arbeitsräumen der öffentlichen Verwaltung soll es laut Gesetz keine Ausnahmen mehr geben.

Mitarbeiter von Bezirks- oder Senatsverwaltungen müssen künftig zur Zigarettenpause nach draußen gehen, egal, ob es stürmt oder schneit. Es spielt auch keine Rolle, ob sie alleine in einem Raum ohne Publikumsverkehr arbeiten oder mit einem Kollegen zusammensitzen, der gleichfalls zur Raucherfraktion gehört, so dass sich keiner belästigt fühlen würde.

Dagegen hat die rot-rote Koalition im Abgeordnetenhaus bisher im Vorgriff auf das Gesetz nur beschlossen, dass alle öffentlich zugänglichen Räume des Parlamentsgebäudes künftig rauchfrei sein sollen. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), will dafür nun „so schnell wie möglich“ das Hausrecht ändern. Seine Befugnisse enden jedoch vor den Türen der einzelnen Fraktionen. Die haben „die Hoheit“ über ihre Räumlichkeiten. Jede Fraktion muss daher selber entscheiden, wie sehr sie die Raucher in ihren Reihen auf dem eigenen Terrain einschränkt.

Ohne Zank haben sich alle Parteien inzwischen auf ein striktes Rauchverbot in ihren Fraktionssitzungsräumen, Sekretariaten und anderen öffentlich zugänglichen Zimmern geeinigt. Aber bei den persönlichen Arbeitsräumen der Abgeordneten tun sich selbst die Grünen schwer, die sich ansonsten vehement für das Nichtraucherschutzgesetz einsetzen. Heidi Kosche, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, will ihre Kollegen, „die süchtig zur Zigarette greifen, ungern ausgrenzen“. Man habe abgetrennte Raucherzimmer diskutiert, sagt sie, anderseits sei allen Fraktionsmitgliedern klar, dass sie als Parlamentarier ein Vorbild sein müssten. „Sonst nimmt uns ja keiner mehr ernst.“

Das ist auch den Koalitionsfraktionen bewusst. Doch ein generelles Verbot in allen Räumlichkeiten der Fraktion sei schwer durchzusetzen, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler, „weil unsere Abgeordneten hier nicht im Angestelltenverhältnis arbeiten.“ Zwei Raucher, die sich ein Zimmer teilen, sähen beispielsweise nicht ein, weshalb sie zum Qualmen ins Freie gehen sollten. Ebenso wie die PDS wollen die Sozialdemokraten aber nun schnell eine verbindliche Regelung finden, „für die wir uns nicht verstecken müssen“.

Weniger Druck lastet auf den Rauchern von CDU und FDP. Weil ihre Parteien das Nichtraucherschutzgesetz als zu radikal ablehnen, müssen sie sich nicht derart beispielhaft verhalten. Für liberale und christdemokratische Raucher gilt deshalb: Wer sich ein Büro teilt, regelt die Raucherfrage unter sich. Es darf sich nur niemand belästigt fühlen.

Mit ähnlichen Argumenten versuchten auch nikotinabhängige Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltungen ein Rauchverbot am Arbeitsplatz zu verhindern. Doch vergeblich. Ihnen bleibt jetzt nur noch eine Hoffnung: der Paragraf vier des Gesetzes zu möglichen Ausnahmeregelungen. Sollten keine Außenflächen zur Verfügung stehen, auf denen man rauchen kann, heißt es darin, so dürfe auch in der Behörde „in besonders ausgewiesenen und abgeschlossenen Räumen das Rauchen erlaubt werden“.

Möglich wären in diesem Falle auch sogenannte Raucherkabinen, in denen Dunstabzugshauben den Qualm absaugen. Doch die sind teuer und werden wohl nicht angeschafft. „Bevor das durchkommt, müssten schon zwei Autobahnen rund um die Behörde führen“, heißt es in der Gesundheitsverwaltung.

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