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Wirtin Thimm

© ddp

Rauchverbot: Zigarettenpause auf dem Weg nach Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Mittwoch über das Rauchverbot, gegen das die Berliner Wirtin Sylvia Thimm geklagt hatte. Bislang gab es in Berlin nur wenige Bußgeldverfahren - ein Aschenbecher auf dem Tisch ist noch kein Verstoß.

Von Sabine Beikler

Sylvia Thimm wird sich auf dem Weg nach Karlsruhe in ihrem kleinen, grünen Opel immer wieder eine Zigarettenpause gönnen: Die 45-jährige Wirtin der 36-Quadratmeter-Kneipe "Doors" in Prenzlauer Berg ist sehr gespannt, wie die Bundesverfassungsrichter heute über ihre Klage zum Rauchverbot urteilen.

Exemplarisch hat das Gericht drei Verfassungsschutzbeschwerden ausgewählt: Eine stammt von einem Tübinger Wirt, eine zweite von Heilbronner Diskothekenbesitzern und die dritte ist von Sylvia Thimm. Die drei Kläger wehren sich nicht gegen den Nichtraucherschutz in Gaststätten: Sie fordern aber Ausnahmen zum Beispiel für kleine Kneipen, die keine getrennten Raucherräume ausweisen können. "Der Platz dafür reicht in meiner Kneipe gar nicht aus", sagt Sylvia Thimm. So wie ihr geht es 60 000 Einraum-Kneipenwirten in Deutschland.

Thimm rechnet mit einem Einnahmerückgang von 50 Porzent

Das Rauchverbot gilt seit Beginn des Jahres, das Land aber gewährte eine Schonfrist bis Ende Juni ohne Kontrollen. Doch ab dem 1. Juli können gegen Raucher Verwarnungen zwischen zehn und 100 Euro und gegen Wirte Bußgelder bis zu 1000 Euro verhängt werden, wenn sie gegen das Nichtraucherschutzgesetz verstoßen. Ausgenommen sind nur Lokale, die einen abgetrennten Raucherraum vorweisen können. Auch in Shisha-Bars dürfen nach einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juli wieder Wasserpfeifen geraucht werden.

Kneipenwirtin Sylvia Thimm ist sicher, dass sie ihre Existenz verliert, wenn die Richter keine Ausnahmen zulassen. Noch am Montagabend steht Thimm, die das Lokal seit 2002 führt, am Zapfhahn. Viel Bier werde bei ihr getrunken, dazu gehöre für die meisten die Zigarette, erzählt sie. Sollte das Rauchverbot bestehen bleiben, rechnet sie mit Einnahmerückgängen bis zu 50 Prozent.

Kontrolleure meiden Einraumkneipen

Für Senatorin Katrin Lompscher (Linke) gilt Gesundheitsschutz aber auch in Einraumkneipen. Sie hält das Nichtraucherschutzgesetz für "verfassungsgemäß, weil wir Gesundheitsschutz und Freiheitsrechte des Einzelnen sorgsam gegeneinander abgewogen haben", sagte sie kürzlich dem Tagesspiegel. Gesundheitsstaatssekretär Benjamin Hoff wird das Land heute in Karlsruhe vertreten. Man sehe dem Urteil "gespannt" entgegen, hieß es gestern.

Bisher haben die Kontrolleure der Ordnungsämter auf eine Inspektion der Einraumkneipen bewusst verzichtet. "Das ist Berliner Linie", sagte Burghard von Nell vom "Interventionsteam Jugend- und Nichtraucherschutz" in Friedrichshain-Kreuzberg. Drei Kontrolleure sind für 4000 Kneipen, Restaurants und Imbissbetriebe im Bezirk zuständig. Zu 95 Prozent würden sich die Gastwirte an das Gesetz halten. "Wir beraten die Wirte lieber und sind nicht auf der krampfhaften Suche nach Rauchern", sagte Nell. Seit dem 1. Juli haben die Kontrolleure zwölf Verstöße registriert. Und: Auch wenn Aschenbecher auf Tischen stehen würden, sei das noch kein Verstoß. "Wirte erklären uns, das seien Tischmülleimer. Da müssen wir dann schon grinsen", sagt der Kontrolleur.

Aschenbecher auf dem Tisch sind kein Verstoß

Zehn Bußgeldverfahren hat Charlottenburg-Wilmersdorf bisher eingeleitet. "Der Großteil der Wirte hält sich ans Gesetz", sagt Bezirksstadtrat Marc Schulte (SPD). Drei Mitarbeiter würden kontrollieren, fünf Außeneinstellungen seien von der Finanzverwaltung genehmigt worden. Die Bezirke Mitte, Pankow und Neukölln verzichten noch auf Kontrollen. Ihnen fehlt das Personal. Von den zusätzlichen 88 zugesagten Stellen in den Bezirken sind bisher nur 45 aus dem Stellenpool besetzt. 27 Bewerber werden zurzeit geschult. Die Bezirke könnten aber "befristete Außeneinstellungen" vornehmen, sagte ein Sprecher der Finanzverwaltung.

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