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Berlin: Raumschiff ICC vor der Verschrottung?

SPD-Fraktionschef Müller regt den Abriss des Internationalen Congress Centrums an

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das ICC abreißen und ein neues, modernes Kongresszentrum bauen: Der SPD-Fraktionschef Michael Müller hält das für die bessere Lösung, sollte die notwendige Grundsanierung des „Raumschiffs“ am Messedamm „so teuer werden wie befürchtet“. Die Beraterfirma McKinsey schätzt, dass es mindestens 140 Millionen Euro kosten würde, um das Internationale Congress Centrum auf den neuesten Stand zu bringen. „Es ist nicht mehr zeitgemäß, was da steht“, sagte Müller gestern. Das unwirtschaftliche ICC hänge wie ein Mühlstein am Hals der landeseigenen Messegesellschaft.

Der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Christoph Lang, kann das nur bestätigen. Das Problem des ICC, in den goldenen siebziger Jahren ohne Rücksicht auf hohe Folgekosten gebaut, seien die hohen Betriebskosten. Das riesige Gebäude sei eine Energieschleuder „mit eingebautem Finanzdefizit“. Und es gebe es einen erheblichen Sanierungsstau – vom Parkhaus bis zu den Platzlämpchen im Großen Saal. Außerdem steckt das ICC voller Asbest; wenn auch nicht in der gefährlichen Form des Spritzasbestes, sondern als gebundenes Material.

Besonders kritische Stellen wurden deshalb 1994 bei laufendem Betrieb saniert und man diskutierte damals heftig darüber, warum mit dem ICC rücksichtsvoller umgegangen wurde als mit dem Palast der Republik. Bei einem Abriss bliebe aber auch vom Congress Centrum „ein Haufen Sondermüll“ übrig, gab die Wirtschaftsverwaltung gestern zu bedenken. Das könnte teuer werden. Was am Ende wirtschaftlicher wäre – ein neues Kongressgebäude auf dem Messegelände oder die Modernisierung des alten Hauses, wissen bisher aber weder der Senat noch die Messe GmbH.

Eine Rechenaufgabe, die gelöst werden sollte, forderte der SPD-Fraktionsvorsitzende Müller. Ihm schwebt ein privat finanzierter Neubau vor. Freie Flächen seien vorhanden; auch wenn es der Messegesellschaft lieber wäre, dort ein Hotel zu bauen, um die Attraktivität des Standorts noch zu erhöhen. Sobald das neue Kongresszentrum stehe, so Müller, könnte das ICC „abgeschaltet werden“.

Als das futuristische Ungetüm mit seiner Aluminiumhaut 1979 nach sechsjähriger Bauzeit eröffnet wurde, war es das kostspieligste öffentliche Bauprojekt West-Berlins (Gesamtkosten: eine Milliarde DM) und mit einer Kapazität von 20 300 Plätzen der größte Veranstaltungsort der Stadt. Trotz sehr guter Auslastung mit Kongressen, Konzerten, Bällen und Shows blieb das ICC chronisch unrentabel. Allein in diesem Jahr schießt das Land Berlin für die laufende Unterhaltung 10,27 Millionen Euro zu. Seit dem Jahr 2000 flackert deshalb die Abrissdebatte immer wieder auf. Mal inszeniert vom Vorstand des Messeunternehmens, mal angeregt von Wirtschaftspolitikern. Zwischendurch kündigte der Senat die Privatisierung des Congress Centrums an, aber daraus wurde bisher nichts.

Nicht nur die Messegesellschaft wartet derweil ungeduldig auf das versprochene Gesamtkonzept des Senats über die Zukunft der Messe Berlin. Und was sagt der Koalitionspartner PDS zu der Abriss-Idee des SPD-Mannes Müller? „Man muss schauen, ob das Sinn macht“, hält sich der PDS-Haushaltsexperte Carl Wechselberg die Antwort offen. Noch fehle ein seriöser Kostenvergleich.

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