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Die Raupe des Buchsbaumzünslers frisst rasend schnell die Blätter.

© Patrick Seeger / dpa

Raupenalarm in Brandenburg: Der Buchsbaumzünsler frisst sich durch die Hecken

Klein, grün und kaum zu bremsen: Der Buchsbaumzünsler wurde in Berlin schon gesehen, in Brandenburg herrscht längst Alarm. Und es gibt kaum Gegenmittel.

Von Sandra Dassler

Mehr als 20 Jahre lang hatten Gislinde und Friedmar R. ihre Buchsbaumhecke gehegt und gepflegt und Jahr für Jahr sorgfältig geschnitten. Als die Eheleute vor zwei Wochen in den Urlaub flogen, standen die inzwischen fast einen Meter hohen Pflanzen in immergrüner Schönheit um ihr Haus im Cottbuser Stadtteil Sielow. Doch als das Paar am Sonnabend vor Pfingsten zurückkehrte, war aus dem Grün ein trostloses Grau geworden.

Die mehrere Meter lange Hecke war komplett tot, abgestorben oder besser gesagt: abgefressen. Den Nachbarn ging es nicht besser. Überall in der Reihenhaussiedlung wurden in den vergangenen Tagen abgestorbene Buchsbäume aus der Erde gegraben. Schnell machte die Ursache die Runde: Der Buchsbaumzünsler, ein ostasiatischer Kleinschmetterling, der etwa zur letzten Jahrtausendwende von China, Korea und Japan aus nach Mitteleuropa eingeschleppt wurde, hatte den Pflanzen den Garaus gemacht. Natürlich nicht als Falter, sondern in seinem Raupen-Stadium.

Neben den Raupen bedroht auch ein Pilz die Pflanzen

Manche Cottbuser hatten versucht, die bis zu fünf Zentimeter langen, gelbgrünen und schwarz gepunkteten Raupen von den Buchsbäumen zu lesen, aber da war es schon zu spät. „Der Buchsbaumzünsler hat ein extrem hohes Vermehrungspotenzial“, sagt Bianka Zimmer vom Brandenburger Pflanzenschutzdienst. Aus den von den Schmetterlingen im Spätsommer abgelegten Eiern schlüpfen Junglarven, die sich im Winter verspinnen und im Frühjahr als Raupen zu fressen beginnen, sobald die Temperaturen etwa 10 Grad erreichen. „Zu retten sind die Buchsbäume nur, wenn man sie rechtzeitig, also vor dem großen Fressen, mit entsprechenden Mitteln behandelt“, sagt Bianka Zimmer: „Dann sterben die Raupen, ansonsten die normalerweise relativ anspruchslosen Pflanzen.“ Allerdings sei noch nicht hundertprozentig sicher, ob überall der Zünsler schuld sei, sagt die Pflanzenschutzexpertin: „Die Buchsbäume sind auch von einer neuen Krankheit bedroht: dem Buchsbaumtriebsterben. Das ist ein Pilz, der sich wie die Raupen relativ schnell weiter verbreitet.“

2009 war der Zünsler schon im Spreewald

Die Hausbesitzer im Cottbuser Stadtteil Sielow sind aber sicher, dass bei ihnen die Raupen schuld am Buchsbaumsterben sind. „Ich habe mir ein Pflanzenschutzmittel beim Gärtner geholt“, sagt ein Nachbar von Gislinde und Friedmar R.: „Nach ein paar Stunden sind die Raupen runtergefallen, hunderte waren das. Vorher hat man die gar nicht gesehen, durch ihre grüne Farbe sind sie getarnt.“

2007 war der Buchsbaumzünsler das erste Mal in Deutschland, in Baden-Württemberg, beobachtet worden. 2009 wurde er im Spreewald entdeckt, inzwischen ist er überall im südlichen Brandenburg, in Luckau, Beeskow – aber auch in Berlin hat es schon einzelne Fälle gegeben. „An der nördlichen Stadtgrenze zu Schildow und in Frohnau wurden bereits Schäden gemeldet“, sagt Peter Boas vom Pflanzenschutzamt Berlin: „Das war noch nichts Dramatisches, aber das kann sich schnell, schon in diesem Jahr ändern. Wir hatten einen sehr milden Winter, das begünstigt die Raupen.“

Keine natürlichen Feinde

Die Experten haben noch kein Allheilmittel gegen die Invasion gefunden. „Die Raupen haben keine natürlichen Feinde, nicht mal Vögel, weil der Buchsbaum giftig ist“, erzählt Friedmar R. und sagt: „Ich finde es schlimm, dass wir nicht von den Behörden gewarnt wurden.“ Das stimme so nicht, sagt Bianka Zimmer vom Pflanzenschutzdienst Brandenburg. „Wir haben auf unserer Internetseite und auch auf Merkblättern an die Friedhofsverwaltungen im ganzen Land über den Buchsbaumzünsler informiert.“

„So schnell wie sich der Schädling ausgebreitet hat, kann einem angst und bange werden“, sagt Friedmar R. resigniert:  „Meine Großeltern hatten Buchsbaumhecken, meine Eltern auch, aber ich werde nun keine mehr pflanzen.“

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