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Berlin: Raus aus dem Ärger

Angefeindeter Extremismusexperte der Polizei in Sachsen-Anhalt wechselt nach Berlin

Von Frank Jansen

In Sachsen-Anhalt wurde er drangsaliert, in Berlin ist er willkommen: Kriminaloberkommissar Swen Ennullat, der erfolgreich rechtsextreme Kriminalität bekämpft hat, dann aber in Ungnade fiel, wechselt zur Berliner Polizei. Dort heißt es, „wir können hochmotivierte Beamte wie ihn gut brauchen“. Wo der 33-Jährige eingesetzt wird, ist offen. Ennullat studiert noch ein Jahr an der Hochschule der Polizei in Münster. Sachsen-Anhalt geht ein kompetenter Beamte verloren, der Rückgrat gezeigt hat. Ennullat wurde bundesweit bekannt, als er Anfang 2007 mit zwei Kollegen die Polizeiaffäre auslöste, die seit einem Jahr einen Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigt.

Die drei Beamten waren im Staatsschutz der Polizeidirektion Dessau tätig und gerieten mit dem Vizechef Hans-Christoph Glombitza aneinander. Angesichts der hohen Fallzahlen bei rechtsextremen Delikten und des befürchteten Imageschadens für Sachsen-Anhalt forderte Glombitza die Staatsschützer auf, den Kampf gegen die braune Kriminalität zu drosseln. Man müsse „nicht alles sehen“, sagte Glombitza und spottete, die von der Landesregierung initiierte Kampagne gegen Rechtsextremismus unter dem Motto „Hingucken“ sei doch nur „für die Galerie“. Ennullat und die Kollegen widersprachen und schrieben ein Gedächtnisprotokoll, von dessen Inhalt der Tagesspiegel im Mai 2007 aus dem Umfeld des Landtags erfuhr. Als der Fall und dann auch weitere gravierende Fehler der Polizei in Sachsen-Anhalt bekannt wurden, mussten die drei für ihre Courage büßen. Ennullat und die Kollegen verließen mehr oder minder freiwillig den Staatsschutz. Und gegen den Widerstand des Innenministeriums musste sich Ennullat in die Aufstiegsausbildung einklagen. Doch der Ärger nahm kein Ende.

Ein Privatgespräch, das Ennullat im November 2007 in der Polizeiakademie Niedersachsen mit Kollegen geführt hatte – es ging um den mysteriösen Tod des in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Afrikaners Oury Jalloh – nahm das Ministerium zum Anlass, den Beamten zu brüskieren. Als die Unterhaltung bekannt wurde, forderte das Ministerium die Gesprächspartner Ennullats auf, einen Vermerk zu schreiben. Das Ministerium reichte ihn weiter an die Staatsanwaltschaft Dessau, die das Papier in den Prozess gegen zwei Polizisten zum Tode Jallohs einführte. Ennullat wurde weder informiert noch befragt, musste dann aber als Zeuge im Prozess aussagen.

Der Wechsel nach Berlin, heißt es in Sicherheitskreisen, sei für Ennullat befreiend. Und: Das auch noch anhängige Disziplinarverfahren werde, wie der Sprecher des Innenministeriums sagt, eingestellt. Auf die Frage, ob es sich Sachsen-Anhalt leisten kann, auf so einen Rechtsextremismusexperten zu verzichten, gibt es vom Ministerium keine Antwort. Frank Jansen

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