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Berlin: Raus aus den Strapsen

Lars Redlich hat in vielen Musicals gespielt. Mit einer Solo-Show auf der Off-Bühne Schlot will er es allein wissen.

Ein glattes Hollywood-Lächeln, die hoch gewachsene, durchtrainierte Gestalt, eine gut ausgebildete Stimme, das einnehmende Wesen – Lars Redlich ist ein Musicaldarsteller wie aus dem Bilderbuch. Noch dazu erfolgreich und das nicht nur in Berlin. Doch seltsamerweise reicht ihm das nicht. Heute und morgen lässt er den Strahlemann von der Mainstreambühne mal hinter sich und riskiert im Off-Schuppen Schlot in Mitte sein erstes Soloprogramm „Lars but not least“. Das ist ja löblich und sehr schön, aber der Titel klingt verdammt nach schlechtem Kalauer. Lars Redlich grinst: „Der Titel schon, die Show hat aber deutlich weniger.“ Begleitet von einem Pianisten, einem Kontrabassisten und einem Schlagzeuger grast er darin die musikalische Spielwiese ab. Von kabarettistischen Bodo-Wartke-Chansons über Opernarien und umgetextete Popsongs bis hin zu selbst geschriebenen Liedern wie der sein Gewerbe und dieses Land reflektierenden Nummer „Ist das alles echt?“. Eine berechtigte Frage, die an dem Abend häufiger aufploppt. Denn in dessen Plaudereien geht es um das, wovon Lars Redlich trotz seiner 31 Jahre jede Menge versteht: ums Showgeschäft.

Das ist dem Lehrerkind aus Hermsdorf nicht in die Wiege gelegt. Erst mal studiert der Leichtathlet und begeisterte Crosslauf-Meister Sport an der Humboldt-Uni und Musik an der Universität der Künste. Auf Lehramt und mit dem Hauptfach Klarinette, nicht gerade einem Glamourinstrument. An den Studiengang Musical, den er 2008 abschließt, gerät er eher zufällig. „Ich kam weder vom Tanz, noch war ich ein Fan.“ Als ihm ein Freund den Tipp gibt, sich dafür zu bewerben, hat er gerade mal zwei Musiktheaterstücke gesehen: „Grease“ und die „Rocky Horror Picture Show“. Natürlich haben sie ihn trotzdem genommen und natürlich hat er in beiden Musicals nach seinem Debüt 2007 als Sky in „Mamma Mia“ im Theater am Potsdamer Platz inzwischen eine Hauptrolle gespielt. Dazu in „Käpt’n Blaubär“, in „Hairspray“ oder in der Revue „Winterträume“ im Friedrichstadt-Palast. Und natürlich gefällt ihm das Genre inzwischen gut. „Weil man nicht einfach nur singt, sondern die Lieder immer auch darstellt und interpretiert.“

Den „I’m just a sweet transvestite“- Frank’n’Furter, die androgyne Hauptfigur der „Rocky Horror Picture Show“, spielt er seit drei Wochen in der Staatsoperette Dresden. Ganz frivol in Korsage, Lederschlüpfer, Netzstrümpfen, wie sich das gehört. Er ist Redlichs Lieblingsmusicalcharakter, seit er das Stück früher mal in den inzwischen geschlossenen Kammerspielen in Moabit sah. Etwa weil er in seiner Wohnung in Tiergarten auch gerne mal Strapse wie Frank’n’Furter trägt? „Nee, weil der so schillernd ist und alles ausprobiert, was geht.“ Er selbst sei da in jeder Hinsicht braver. „Bodenständig – eher der Lebensversicherungstyp.“ Ob man das so glauben soll, sei mal dahin gestellt. Dass Redlich einen Schalk im Nacken hat, hat man ihm in „Käpt’n Blaubär“ und sogar im stereotypen Poser-Musical „Grease“, das vergangenes Jahr im Admiralspalast lief, jedenfalls sehr deutlich angemerkt. Die als Selbsthilfegruppe für geknechtete Mitarbeiter der Unterhaltungsbranche aufgezogene Show im Schlot könnte also ganz heiter werden. Lars Redlich selbst ist es damit Ernst. „Beim Musical machst du, was Autor und Regisseur wollen, du bist komplett austauschbar.“ Zeit, öffentlich zu zeigen, was ihm selbst wichtig ist.

Kunstfabrik Schlot, Schlegelstraße 26, Mitte, Freitag und Sonnabend, 21 Uhr, Eintritt frei, Austritt mit Spende

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