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Reaktion auf extremistische Drohbriefe: Religion gegen Rechts

Muslime, Juden, Katholiken und evangelische Protestanten gründen gerade einen interreligiösen Verein.

Anlass war ein rechtsextremer Drohbrief an die Jüdische Gemeinde Berlin und zwei Berliner Moscheen. Jetzt entsteht dadurch ein außergewöhnlicher Zusammenschluss: Muslime, Juden, Katholiken und evangelische Protestanten sind dabei, als Reaktion gemeinsam einen Verein zu gründen, den „Treffpunkt Religion und Gesellschaft“. Später sollten auch noch Buddhisten, Hinduisten und Vertreter anderer Religionen hinzukommen, sagt Carl Chung vom Mobilen Beratungsteam „Ostkreuz“, auf dessen Inititiave sich die Gründungsmitgleider zusammenfanden. Mit im Boot ist der Moschee-Dachverband Ditib, die Jüdische Gemeinde Deutschland, die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Oberlausitz vertreten durch den Kirchenkreis Neukölln und das Erzbistum Berlin. „Der Verein versucht Antworten zu geben auf die Frage, wer und was alles zu diesem Land gehört“, sagt Chung. Langfristiges Ziel sei es, ein interreligiöses Zentrum auf dem Tempelhofer Feld zu gründen. Gerade haben sie aber erst einmal eine erste Veranstaltung organisiert: Eine Diskussion zu den Drohbriefen von einer unbekannten rechtsextremistischen Gruppe und zum Rechtsextremismus im ehemaligen Restaurant des Flughafens. Rund 150 Zuhörer sind gekommen. Dort spricht Elisabeth Kruse, Pastorin der Genezareth-Gemeinde in Neukölln, von einem „Angriff auf die Religionen: Auch wenn der Drohbrief an zwei Moscheen und die Jüdische Gemeinde ging, sind wir alle angegriffen“, sagt die Pastorin. „Es ist folgerichtig, dass wir als Verein von religiösen Institutionen darauf reagieren. Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren in die Bedrohten und diejenigen, die sich ein bisschen schhämen müssen. Gemeinsam sind wir die Lösung.“ Sie hat im Februar einen Solidaritäts-Brief an die benachbarte Sehitlik-Moschee geschrieben, gleich nachdem die einen der Drohbriefe erhalten hatte. Die Unterschriften der Gemeindemitglieder füllten zwei Din-A4-Seiten. Elisabeth Kruse brachte das Schreiben persönlich zur Moschee. Auch nach den Brandanschlägen auf die Moschee im vergangenen Jahr sei sie dort gewesen, um Solidarität zu zeigen. Ein älterer Herr aus dem Publikum wird später das Mikrofon ergreifen und daran erinnern, dass so ein Verhalten nicht selbstverständlich ist in der evamgelischen Kirche. Bei dem Protest gegen den Bau der Moschee in Heinersdorf sei der örtliche evangelische Pfarrer „die Speerspitze“ gewesen. Auch dass die Katholiken mit dabei sind, liegt nicht unbedingt auf der Hand: „Das Verhältnis von Katholiken zu Juden und Muslimen ist ja historisch nicht ganz unbelastet“, merkt Carl Chung an. „Das ist aber kein unüberwindbares Hindernis“ , antwortet Wolfgang Klose vom Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin. Auch er wolle nicht einfach hinnehmen, dass Menschen bedroht werden, „weil sie einen Glauben haben. Wir müssen die Unterschiede akzeptieren und gemeinsam vorangehen. Schließlich sind wir alle von hier.“ Auch die Muslime, meint er damit. Der Meinung ist auch Pinar Cetin vom Moscheedachverband Ditib: „Ich möchte Teil dieser Gesellschaft sein“, sagt Cetin. „Der Brief ist ein Anlass, um über die Situation im Land zu sprechen und darüber zu berichten, dass wir fast täglich Diskriminierung erleben.“ Ihr geht es um einen gemeinsamen Kampf gegen den Rechtsextremismus, aber auch um einen Wunsch: „Dass ich irgendwann überall sagen kann, dass ich deutsche Muslimin bin, ohne dass man es mir übelnimmt.“

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