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Rechnungshof: Geprüft – und für schlecht befunden

Eine Staatssekretärin als Rechnungshof-Chefin? Der Steuerzahlerbund ist skeptisch.

Die Kritik des Rechnungshofes ist scharf. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, so der Befund der unabhängigen Prüfer im Jahresbericht vom Mai, hat im vergangenen Jahr in mehreren Fällen vergaberechtswidrig gehandelt, Bauarbeiten nicht sachgerecht ausführen lassen und andere Versäumnisse zu verantworten, die wirtschaftlich bedenklich sind.

Derartige Kritik an Regierung und Verwaltung könnte vom Rechnungshof künftig seltener zu hören sein – das befürchtet nicht nur die Opposition, wie gestern berichtet. Auch der Bund der Steuerzahler sieht eine solche Gefahr. Der Grund: Die Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Hella Dunger-Löper (SPD), soll nach dem Willen des Senats künftig den Landesrechnungshof führen. „Wir befürchten, dass Frau Dunger-Löper befangen sein könnte, wenn sie prüfen soll, was sie jetzt noch selbst zu verantworten hat“, sagte der Vorstand des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, dem Tagesspiegel. Und Christian Humborg, Geschäftsführer der Anti-Korruptionsvereinigung Transparency International Deutschland, fordert: „An zukünftigen Entscheidungen beim Landesrechnungshof, die ihren frühereren Arbeitsbereich während ihrer Amtszeit betreffen, darf sie sich nicht beteiligen“. Bedenken, die zumindest manche in der rot-roten Koalition „nachvollziehen“ können, wie Jutta Matuschek sagt, stellvertretende Fraktionschefin der Linken. „Aber uns wurde zugesichert, dass Frau Dunger-Löper in keiner Weise mit Vorgängen befasst sein wird, die ihre jetzige Tätigkeit betreffen.“

Die Gefahr, dass die neue Rechnungshof-Chefin zum Beispiel bei Jahresberichten auf milde Formulierungen drängen könnte, wenn ihre jetzige Behörde betroffen ist, sieht Matuschek nicht: „Die Direktoren des Rechnungshofes und die Abteilungen arbeiten autonom, die Präsidentin kann keine Weisungen geben.“ Die Linke erwarte von Dunger-Löper, die aus der SPD nominiert wurde, eine „öffentliche Äußerung“, dass sie keine Prüfungen in ihrem bisherigen Bereich führt.

Der Steuerzahlerbund hätte es lieber gesehen, wenn der Rechnungshof weiter von einer Person ohne enge Verbindung zu Landespolitik und Verwaltung geführt worden wäre, wie Vorstand Kraus sagt. Das war vor gut acht Jahren so, als der damalige Vizepräsident des Landesrechnungshofes Hessen, Jens Harms, die Leitung in Berlin übernahm. Harms lehrte zuvor auch an der TU Darmstadt. Jetzt geht er in Pension. Harms wollte die Angelegenheit am Mittwoch selber ebenso wenig kommentieren wie Dunger-Löper. Steuerzahler-Vertreter Kraus hofft, dass Dunger-Löper eigenständig agiert. „Als Rechnungshofpräsidentin ist sie unabhängig, eigentlich kann ihr keiner was.“

Der Rechnungshof hat laut Landesverfassung eine besondere Stellung. Er ist weder Teil von Regierung, Verwaltung oder der Politik, sondern „eine unabhängige oberste Landesbehörde, die nur dem Gesetz unterworfen ist“, wie es in einer Selbstdarstellung heißt. Dass dennoch Vertreter der Verwaltung zu Rechnungshöfen wechseln, sei „in anderen Bundesländern durchaus üblich“, sagt Linken-Politikerin Matuschek. Nach ihrer Ansicht schützt die Struktur des Rechnungshofes vor Interessenkonflikten. So entschieden neben dem Präsidenten sechs unabhängige Prüfungsgebietsleiter über wichtige Angelegenheiten und den Jahresbericht. Für Senatssprecher Richard Meng ist klar: „Es gibt keinen Interessenkonflikt.“ Dunger-Löper werde in ihrer neuen Funktion keine Vorgänge prüfen, die sie zuvor selbst bearbeitet hat, ist sich Meng sicher.

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