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Auch an diesem Sonnabend werden wieder zahlreiche Gegendemonstranten erwartet.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Rechte Demo gegen Merkels Flüchtlingspolitik: Die befürchtete Gewalteskalation blieb aus

Bei rechten Aufmarsch in Mitte und den Gegendemonstration gab es mehrfach brisante Situationen, aber die Polizei hielt die Gegner auf Distanz.

Die befürchtete gewalttätige Konfrontation zwischen rechten Demonstranten und ihren Gegnern in der Berliner Innenstadt ist am Samstagnachmittag ausgeblieben. Und es waren weitaus weniger Populisten, Rechtsextreme und Wutbürger als erwartet, die unter dem Motto „Merkel muss weg“ gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung demonstrierten.
Bis zu 6000 Merkel-Gegner waren zuvor für möglich gehalten worden. Es blieb dann aber laut Polizei nur bei rund 1800 Demonstranten, die sich seit etwa 14 Uhr auf dem Washingtonplatz am Hauptbahnhof zu versammeln begannen. Neonazis waren darunter zu sehen, die schwarze T-Shirts mit der in altdeutscher Schrift gedruckten Parole „Adolf war der beste“ trugen. Andere trugen Shirts der Rechtsrock-Band „Lunikoff Verschwörung“, und auch Hooligans traten dort auf, mit „Krawallbrüder“-Aufdruck auf ihren Shirts. Viele Deutschlandfahnen wehten, auch eine russische und eine Schweizer Flagge waren zu sehen. Die Bahn hatte die Zugänge am großen Eingang geschlossen, nur die Seiteneingänge waren noch offen. Es dauerte aber noch über zwei Stunden, bis sich der Zug der Merkel-Gegner in Bewegung setzte.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die gegnerischen Demonstrationszüge ihre Strecken teilweise schon fast absolviert. Die Veranstalter sprachen von insgesamt etwa 10 000 Teilnehmern. Die Polizei zählte etwa 4500 Teilnehmer bei der linken Demonstration „Für ein solidarisches Berlin“, die gegen 14 Uhr vom Hackeschen Markt aufbrach und quer durch die Ost-City und am Brandenburger Tor vorbeizog. Bei der Demonstration „Posaunen statt Parolen“, hinter der besonders die evangelische Kirche stand, zählte die Polizei etwa 3000 Teilnehmer. Die Polizei war mit 1700 Beamten im Einsatz, die Berliner wurden unterstützt von Kollegen aus Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen und der Bundespolizei.

Marschieren für Rechts. Teilnehmer einer Aufmarsches rechter Gruppen am 7. Mai in Berlin-Mitte.
Marschieren für Rechts. Teilnehmer einer Aufmarsches rechter Gruppen am 7. Mai in Berlin-Mitte.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Nachmittag begann ruhig, spitzte sich erst gegen 17 Uhr zu, ohne dass es aber zu größeren Krawallen kam. Die Stimmung bei den Rechten war teilweise aggressiv, fast martialisch, erinnerte an Pegida-Aufläufe in Dresden. Medienvertreter hatten Mühe, Gesprächspartner zu finden. „Alle Presse ist für uns Lügenpresse“, sagte etwa ein älteres Ehepaar. Typisch auch der Schriftzug auf einem Transparent: „Protest! Es ist Zeit, Seite an Seite den Volksverrat zu beenden und die Regierung zu stoppen.“ Die AfD hatte sich offiziell nicht an der Demo gegen die Flüchtlingspolitik beteiligt, doch sah man vereinzelt AfD-Anhänger mit blauen T-Shirts: „AfD – so sehen Sieger aus.“

Linken-Politiker am Rande der Demo attackiert

Die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen den rechten Demonstranten und ihren Gegnern ließ bei Letzteren die Stimmung steigen. „Wir sind mehr, wir sind mehr“, feierten sich die Teilnehmer der „Solidarisches Berlin“-Demo, als Nachrichten vom vergleichsweise kleinen Aufmarsch der Merkel-Gegner durchdrangen. Auch wenn es vor 17 Uhr keine dramatischen Zwischenfälle gab, schien doch eine Zuspitzung der Lage nicht ausgeschlossen. Beispielhaft ist hier ein Zwischenfall mit dem linken Abgeordneten Hakan Tas, der nach eigenen Angaben gegen 16 Uhr in einem Supermarkt des Hauptbahnhofs von zwei ihm bekannten Rechtsextremen attackiert und mit dem Ellenbogen in den Bauch geboxt wurde. Tas blieb unverletzt und erstattete Anzeige.

Flaschenwürfe und Tränengas

Brisant wurde es, als gegen 15.30 Uhr mehrere 100 linke Demonstranten aus ihrem Zug auf der Ebertstraße nach Osten in die Dorotheenstraße abbogen und in Richtung Friedrichstraße zu laufen begannen – hin zur Demoroute der Rechten. Der Polizeikordon wurde teilweise durchbrochen, es kam zu Handgemenge. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Lage in den Griff zu bekommen und den Hauptteil der Demonstranten abzudrängen. Etwa 20 bis 30 Linken gelang es gegen 15.45 Uhr dennoch, zum Hauptbahnhof zu kommen, wo es allerdings bei Schreiduellen blieb. Mit Rufen wie „Halt die Fresse“ störten sie den Redner Manfred Rouhs, Chef der rechten Minipartei Pro Deutschland und Anmelder der Demo. Die Hooligans antworteten dagegen mit „Antifa-Hurensöhne“-Rufen. Polizisten mit Hunden gingen zwischen die beiden verfeindeten Gruppen, waren hier wie später in der Nähe des Kanzleramts erfolgreich in ihrer Taktik, beide Kontrahenten auf Distanz zu halten. Dort kam es kurz nach 17 Uhr zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und linken Demonstranten, die vom Kanzleramt zur Demonstrationsstrecke der Rechten durchbrechen wollten. Teilweise flogen Flaschen auf die Beamten, die Pfefferspray einsetzten. Die gegnerischen Demonstrationszüge waren sich bis auf rund 100 Meter nahe gekommen. Mehrere linke Demonstranten wurden festgenommen – wie viele genau, stand bis Redaktionsschluss nicht fest.

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