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Berlin: Rechtmäßigkeit von Schulgutachten: Bildungssenator akzeptiert Niederlage vor Gericht

Die Senatsschulverwaltung will nach dem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit von Schulgutachten nicht in Berufung gehen. Vielmehr kündigte gestern Staatssekräter Thomas Härtel eine Überprüfung des neuen Schulgesetzes an, dass im April in Kraft getreten ist.

Die Senatsschulverwaltung will nach dem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit von Schulgutachten nicht in Berufung gehen. Vielmehr kündigte gestern Staatssekräter Thomas Härtel eine Überprüfung des neuen Schulgesetzes an, dass im April in Kraft getreten ist. Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hatte am Montag erklärt, das Gesetz sei "zum Teil verfassungswidrig". Das neue Schulgesetz sieht ein Grundschulgutachten als eines der Auswahlkriterien bei der Wahl der Oberschule anstelle des bisherigen Losverfahren vor, wenn es an der Wunschschule mehr Bewerber als Plätze gibt.

Das Gericht hatte dem Eilantrag eines Schöneberger Elternpaares stattgegeben, dessen Sohn an dem Wunschgymnasium abgelehnt wurde, weil er keine Gymnasialempfehlung hatte. Das Grundschulgutachten dürfe von der Oberschule bei der Entscheidung, ob sie einen Schüler aufnehme, nicht als entscheidendes Auswahlkriterium herangezogen werden, urteilte nun das Gericht. Im Gesetz fehlten objektive Maßstäbe zur Beurteilung des Schülers, so dass das Gutachten eine subjektive Meinungsäußerung der begutachtenden Lehrer sei. In einer einstweiligen Anordnung wird das Land Berlin verpflichtet, das Kind zum neuen Schuljahr an der Schule aufzunehmen, selbst wenn es dafür einem anderen Schüler wieder absagen muss.

Die Senatsschulverwaltung sah trotz der Niederlage gestern etwas Positives in dem Gerichtsurteil. "Alle anderen Kriterien in dem Schulgesetz wurden anerkannt. Die einzige Schwachstelle ist das Gutachten", betonte gestern Schulsenatssprecher Thomas John. Nun müsse mit den Koalitionsfraktionen abgestimmt werden, welche Veränderungen im einzelnen notwendig seien, um zu einer verbindlichen und verlässlichen Regelung bei den Gutachten zu kommen. Als weitere Kriterien werden die Weiterführung von Fremdsprachen, eine bereits begonnene Schwerpunktausbildung, die Länge des Schulweges und soziale Härte herangezogen, wenn es mehr Bewerber als Plätze gibt.

Der Anwalt der Familie, Jürgen Waldheim, betrachtet das Gerichtsurteil als Grundsatzentscheidung und sieht noch andere Prozesse auf das Land zukommen. Er selbst vertrete noch andere Eltern vor Gericht, deren Kinder an der Wunschschule abgelehnt wurden. Die Grundschulgutachten bezeichnet er als eine große Ungerechtigkeit. Das Gericht folgte ihm dabei. Im Schulgesetz sei das Gutachten lediglich erwähnt, Kriterien zur Erstellung fehlten jedoch, heißt es in der Begründung des Urteils. "So wurde in manchen Fällen Kindern, die in den Kernfächern einen Notendurchschnitt von 2 und einen Gesamtdurchschnitt von 1,8 erzielten, eine Realschulempfehlung erteilt, in anderen Fällen bei einem Notendurchschnitt in den Kernfächern von 3,0 und einem Gesamtdurchschnitt von ebenfalls 3,0 eine Gymnasialempfehlung."

Suzan Gülfirat

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