zum Hauptinhalt

Berlin: Reformvorhaben: Bei Anruf Unterricht: Schulen dürfen selbst Lehrer einstellen

Tatenlos zusehen müssen, wie Unterricht ausfällt - das bleibt acht Berliner Schulleitern ab sofort erspart. "Wenn meine Musiklehrerin erkrankt, rufe ich eben eine Musiklehrerin an, die gerade im Erziehungsurlaub oder bereits pensioniert ist", umriss gestern Elmar Kampmann von der Martin-Buber-Gesamtschule zwei Möglichkeiten des neuen Modellprojekts zur Personalkostenbudgetierung.

Tatenlos zusehen müssen, wie Unterricht ausfällt - das bleibt acht Berliner Schulleitern ab sofort erspart. "Wenn meine Musiklehrerin erkrankt, rufe ich eben eine Musiklehrerin an, die gerade im Erziehungsurlaub oder bereits pensioniert ist", umriss gestern Elmar Kampmann von der Martin-Buber-Gesamtschule zwei Möglichkeiten des neuen Modellprojekts zur Personalkostenbudgetierung. Zusammen mit Schulsenator Klaus Böger (SPD) und anderen Schulleitern verteidigte Kampmann das Reformvorhaben gegen Angriffe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Wie berichtet, können acht Modellschulen ab sofort zwei Prozent ihres Vertretungsbedarfs eigenverantwortlich "einkaufen". Das bedeutet, dass eine Schule, die 100 Lehrer braucht und weitere fünf für Vertretungsbedarf beschäftigen könnte, nur 103 einstellt. Das Gehalt der zwei übrigen Lehrer, rund 100 000 Mark pro Studienrat, kann dann nach und nach je nach Vertretungsbedarf für Honorarkräfte ausgegeben werden. Diese Honorarkräfte können etwa arbeitslose oder pensionierte Lehrer sein, aber auch andere Fachleute, wie sie im berufsbildenden Bereich ständig benötigt werden.

Aber noch eine weitere Neuigkeiten bringt das Projekt: Schulleiter, die als Ausgleich für ihre Verwaltungsarbeit weniger unterrichten müssen, können freiwillig mehr Stunden geben und die dadurch gesparten Personalmittel "kapitalisieren". Für dieses Geld können dann etwa Fremdfirmen mit der Systemwartung der Schulcomputer beauftragt werden. Es ist sogar möglich, Möbel oder Lehrmaterialien mit dem gesparten Geld zu finanzieren.

Er begrüße diesen Zuwachs an Flexibilität, sagte der Leiter des Oberstufenzentrums Druck- und Medientechnik, Pit Rulff. Obwohl er selbst jahrelang GEW-Personalratsvorsitzender war, hat er sich über die Bedenken seiner Gewerkschaft hinweggesetzt und sich dem Projekt angeschlossen. Er verfügt bereits über eine lange Liste von Fachleuten, die er anrufen kann, wenn an seiner schnell wachsenden Schule "Not am Mann" ist. Er wäre auch bereit, mehr Unterrichtsstunden zu geben, um mehr Handlungsspielraum bei Anschaffungen zu haben.

Aber noch ein weiterer Durchbruch ist gelungen: Ab sofort können Teilzeitkräfte rasch "aufgestockt" und entsprechend entlohnt werden, wenn an einer Schule Krankheitsfälle auftauchen. Dem standen bisher etliche bürokratische und vertretungsrechtliche Hindernisse im Weg.

Verständnislos reagierten gestern alle Beteiligten auf den Widerstand der GEW gegen das Projekt. Sie hatte behauptet, dass keine arbeitslosen Lehrer als Honorarkräfte eingesetzt werden könnten, was laut Böger nicht stimmt. Zudem hatte sie gesagt, dass das gleiche Projekt bereits in Niedersachsen gescheitert sei. Auch dies stimme nicht, sagte Böger. Da das Projekt dort erst seit drei Monaten laufe, sei es viel zu früh für derartige Einschätzungen. Auch die Bündnisgrünen unterstützen die erhöhte Flexibilität und erwarten, dass weniger Unterricht ausfällt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false