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Regierender Bürgermeister von Berlin: Michael Müller muss jetzt Tempo machen

Große Themen, drängende Probleme. In diesem Takt geht es für den neuen Regierenden Bürgermeister Michael Müller los. Er muss neue Ziele setzen. Und zwar schnell und verlässlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Schonfrist für den Neuen, damit kann Michael Müller nicht rechnen. Nach der Wahl zum Regierenden Bürgermeister gleich zur Ministerpräsidentenkonferenz, danach Treffen mit der Bundeskanzlerin, abends Senatssitzung und am Freitag BER-Aufsichtsrat. Große Themen, drängende Probleme. In diesem Takt geht es weiter. Da wird Wowereits Nachfolger bei Konflikten noch häufiger – wie bei seiner Wahl – die volle Unterstützung des Partners CDU benötigen.

Müller muss Tempo machen. Er hat nur knapp zwei Jahre, seine SPD wieder so zu profilieren, dass sie auch nach der Wahl 2016 regiert. Doch vor allem Berlin kann nicht länger warten, nicht nach der selbst gewählten Lähmung des Senats für den endlosen Wowereit-Abschied. Nicht 100 Tage Einarbeitung, sondern 100 Tage der Entscheidungen. Müllers Entscheidungen, und seine Verantwortung. Jetzt gibt es keinen Wowereit mehr, der seinem eigenen Kompass folgte, und keinen Finanzsenator Nußbaum, der dem bisherigen Stadtentwicklungssenator teilweise genüsslich in die Parade fuhr.

Weiter so, das geht nicht. Mit Wowereit tritt ein Regierungsstil ab, beginnt eine neue Phase der Entwicklung. Die rasante Veränderung der Stadt, die nur teilweise ein Ergebnis der Politik ist, Berlin geradezu überrollt und die Menschen fordert und manchmal überfordert, benötigt eine ordnende Hand. Bezirkliche Niederung und strahlende Metropole, das muss beides wieder zusammengebracht und neu justiert werden.

Nichts weniger als ein neuer Mentalitätswechsel steht an, den Müller moderieren muss. 2001 ging es um die innere Einheit der geteilten Stadt und eine neue Sparkultur, jetzt geht es um die Akzeptanz von Veränderung. Müller muss die spürbar werdende Verunsicherung über die Umwälzungen aufnehmen und die Berliner mit dem Wandel versöhnen, damit die Dynamik als Chance und nicht als Bedrohung empfunden wird. Seine Politik muss Vertrauen schaffen, dass in bester sozialdemokratischer Tradition alle Berliner am wachsenden Wohlstand teilhaben können: mit sicheren und qualifizierten Arbeitsplätzen und steigenden Haushaltseinkommen, die ausreichen, um auch höhere Mieten zu zahlen, mit genügend Wohnungen, guter Bildung für alle Schichten und einer modernen Infrastruktur.

Dazu braucht es keinen Glamourfaktor, sondern harte Arbeit, um etwa den Wohnungsbau voranzubringen oder Bezirksverwaltungen zu ertüchtigen, einer wachsenden Bevölkerung zeitgemäße Dienstleistungen zu bieten. Mit dem von Müller vorangetriebenen Zukunftskonzept „Berlin 2030“ ist eine Blaupause für die wachsende Stadt vorhanden. Chefsache muss aber auch bedeuten, wirklich anzuschieben, was die Stadt lebenswert erhält und Berlin ökologisch und sozial zukunftsfest macht. Dazu muss dem Regierenden Bürgermeister gelingen, mit den Berlinern zu kommunizieren. Dass viel reden auf unzähligen Veranstaltungen noch kein Dialog ist, hat Müller bei seiner Niederlage beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld noch verkannt.

Verlässlich führen, Probleme lösen und neue Ziele setzen, die wie Olympia die Stadt noch mehr strahlen lassen, das müssen die Berliner vom neuen Regierenden Bürgermeister erwarten dürfen – zwischen Weltstadt und Provinz, Elterngeld und BER-Eröffnung, Bürgeramt und Finanzausgleich. Das reicht für zwei Jahre. Und vielleicht auch darüber hinaus.

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