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Berlin: Regierungsviertel fürs Fußballvolk

Nach langem Streit ist die Entscheidung gefallen: Die Fan-Meile der WM kommt in den Spreebogenpark

Das FanFest der Fußball-Weltmeisterschaft findet im Sommer 2006 im Spreebogenpark statt. Auf der neuen Grünfläche zwischen Bundeskanzleramt und Spree sollen vom 9. Juni bis zum 9. Juli alle Spiele der WM auf einer Großbildleinwand übertragen werden. Das kündigte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an. Für ausgewählte Spiele in der zweiten Hälfte der WM sind zusätzliche Leinwand-Übertragungen auf der Straße des 17. Juni geplant. Wowereit sieht im Spreebogenpark den idealen Standort und eine Kompromisslösung, die die Interessen der Fans und der Autofahrer gleichermaßen berücksichtige. Die ursprünglich von WM-Veranstaltern, Sponsoren und dem Bezirk Mitte favorisierte Straße des 17. Juni werde nun von einzelnen Tagen abgesehen für den Verkehr geöffnet bleiben.

FERNBLICK FÜR DIE FANS

Die Perspektive, die die Fußballfans haben werden, ist spektakulär. Da der Park zur Spree hin leicht ansteigt, dürfte man nicht nur einen guten Blick auf die Leinwand an der südlich verlaufenden Otto-von-Bismarck-Allee haben. Dazu kommt ein spektakuläres Panorama , das von der Charité über den Reichstag bis zum Kanzleramt reicht – und wenn die WM-Anhänger hinter sich schauen, ragt der neue Hauptbahnhof in die Höhe. Zehntausende können auf dem Areal nach Senatsschätzungen gleichzeitig feiern und die Partien gucken, der Eintritt soll kostenlos sein. Noch ist offen, ob es Sitzgelegenheiten geben wird oder ob man sich auf dem Rasen niederlassen muss. In unmittelbarer Nähe gibt es weitere öffentliche WM-Übertragungen, so im Sony-Center, eventuell östlich des Brandenburger Tors am Pariser Platz sowie in ungezählten Kneipen und bei Privatveranstaltern.

UNVERSTÄNDNIS BEI WM-MANAGERN

Die Organisatoren der Fußball-WM halten die Entscheidung für falsch. „Das ist die zweitklassige Lösung“, sagt Fedor Radmann, der Beauftragte für Tourismus im WM-Organisationskomitee. „Erstklassig wäre die Straße des 17. Juni gewesen.“ Vor allem die Aussicht, dass die Fernsehbilder eines WM-Fests mit einer Million Fans von einem unbekannten Areal in die Welt gehen und Berlins Stadtsymbole Brandenburger Tor und Siegessäule kaum zu sehen sind, löst bei WM-Machern Kopfschütteln aus. „Berlin wird das Zentrum der WM, dementsprechend sollte sich die Stadt präsentieren“, sagt Horst R. Schmidt, Vizepräsident des Organisationskomitees. Zum schlechten Bild trügen auch geplante Baustellen in der Innenstadt bei, etwa auf der Straße des 17. Juni. „Was wir aus Berlin dazu hören, gefällt uns nicht“, sagt Schmidt.

SCHWIERIGE LAGE FÜR DIE POLIZEI

Offiziell schwieg die Polizei gestern zu der Entscheidung. Denn im Präsidium ist man nicht glücklich. Das Gelände sei wegen der Hügel eine Stolperfalle, Betrunkene können in die Spree fallen. Allein wegen der Nähe zum Wasser müssten ständig Taucher und ein Löschboot vor Ort sein. Zudem liegen mit Kanzleramt, Schweizer Botschaft, Reichstag und Paul-Löbe-Haus viele gefährdete Bauten direkt daneben. Ein Vorteil sei, dass die 2004 eröffnete „Regierungswache“ von Feuerwehr und Polizei in Sichtweite sei. In dieser Wache soll eine eigene WM-Befehlsstelle eingerichtet werden. Bekanntlich hatten Polizei, Feuerwehr und Innenministerium sich zuvor für die Straße des 17. Juni ausgesprochen. Im Innenministerium und Kanzleramt hieß es, dass die Behörden des Landes und des Bundes „jetzt eng kooperieren müssen“.

VERKEHR NOCH UNGEREGELT

Privaten Autoverkehr wird es mit Sicherheit nicht geben. Es werde schon schwierig genug sein, die Anfahrt von Staatsgästen zum Kanzleramt sicherzustellen. Während der WM werden dort viele offizielle Gäste aus den Ausland erwartet. Unklar ist zudem, ob und wie die BVG-Busse dort zum Hauptbahnhof fahren sollen. Für die Fans ist der Spreebogen gut zu erreichen, da der neue Hauptbahnhof nur wenige Schritte entfernt ist.

LOB VON DEN STADTWERBERN

Die Tourismus-Marketing GmbH ist begeistert: „Das ist nicht die zweite, sondern eine kluge Wahl“, sagte WM-Beauftragter Gerhard Buchholz. Statt der bekannten Fernsehbilder Siegessäule/Brandenburger Tor könne dort „ein völlig neues Berlin-Bild vor toller Silhouette“ entstehen. Die Werbewirksamkeit dieser Bilder wird dagegen von der Industrie- und Handelskammer stark bezweifelt. Ihr Sprecher Holger Lunau bedauerte die Spreebogen-Entscheidung, hätte die FanMeile nach wie vor lieber an der Straße des 17. Juni gesehen. Von dort aus gingen mit dem Brandenburger Tor und der Siegessäule die „werbewirksamsten Bilder in die Welt.“

STREIT UM SPONSOR ADIDAS

Wie genau das Fest im nächsten Sommer aussehen soll, wollen die Verantwortlichen nun gemeinsam mit Sponsoren wie Coca Cola, Hyundai oder Adidas und anderen Partnern besprechen. Die Kosten – der Senat rechnet mit einem einstelligen Millionenbetrag – sollen vollständig durch Sponsoring finanziert werden. Dazu gehört auch die Wiederherstellung des Rasens im Spreebogenpark, der von den Festbesuchern zertrampelt werden wird. Um einen Wunsch potenter Sponsoren gibt es Streit zwischen dem Senat und der Bezirksverwaltung von Mitte. Der Sportartikelhersteller Adidas will vor dem Reichstag eine Miniaturkopie des Olympiastadions aufstellen, in der bis zu 8000 Fans die Spiele verfolgen. Der Bezirk sperrte sich und forderte eine Millionenbürgschaft für zu erwartende Schäden, die Adidas und der Senat als zu hoch bewerteten. Nun beschloss der Senat, das Verfahren wegen der gesamtstädtischen Bedeutung an sich zu ziehen

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