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Berlin: Reingold

Äußerlich war alles so wie immer. Die strenge Art-déco- Struktur des schlauchartigen Raumes, der lange, gerade Tresen, zum Teil enge, zum Teil wuchtige Clubsessel, und natürlich Klaus und Erika Mann, auf der Leinwand aus unzähligen Seiten des „Mephisto“ porträtiert.

Von Frank Jansen

Äußerlich war alles so wie immer. Die strenge Art-déco- Struktur des schlauchartigen Raumes, der lange, gerade Tresen, zum Teil enge, zum Teil wuchtige Clubsessel, und natürlich Klaus und Erika Mann, auf der Leinwand aus unzähligen Seiten des „Mephisto“ porträtiert. Wie man das Reingold schon seit Jahren kennt. Und doch war beim letzten Besuch von drinking man und compañera etwas anders. Die Bar war wieder richtig voll, die Keeper wirkten engagierter, aber auch lockerer als bei den letzten Besuchen. Schlicht: Die Stimmung im Reingold animierte zum Bleiben. Über einen Drink hinaus. Hätte das drinking couple keiner Verpflichtung mehr nachkommen müssen, wäre es sehr lange nicht von seinem Platz am Tresen gewichen.

So reichte es immerhin für einen prall gefüllten Tapas-Teller. Und vier Cocktails. Da kam zunächst ein Gimlet, in einer schweren Kristallschale. Ungewohnt, aber dem 30er-Jahre-Stil der Inneneinrichtung angemessen. Der Drink selbst war perfekt. Die compañera delektierte sich an einem Wodka-Tai und ließ sich zu der Bemerkung „richtig gut“ hinreißen. Geradezu hymnisch, wenn man an die sonst üblichen Zwischenrufe denkt. Der Side Car gab sich stark und sauer und erfüllte damit die Erwartungen. Die Cuba Lemonade (Lime Juice, Cherry Juice, Cherry Sirup, Soda) verführte die compañera wiederum zu Äußerungen des gesteigerten Wohlgefühls. Da hatte die Reingold-Crew endgültig gewonnen.

Zu wünschen bliebe allerdings, dass ein Gläschen Wasser nicht erst geordert werden muss – und dass die Musik etwas weniger laut aus den Boxen schallt. Das drinking couple strapazierte am Tresen ein wenig seine Stimmbänder. Der Rest des Publikums hatte sich damit offenbar längst abgefunden. Es wurde nicht gerade leise, aber auch nicht unangenehm laut debattiert und gelacht. Die, sagen wir, mindestens semi-arrivierten Mitt- und Enddreißiger fühlten sich schlichtweg wohl. Dafür sorgte zu Beginn und am Ende auch eine blondierte Dame, die am Eingang freundlich und auch zu Scherzen neigend, aus den Mänteln half und wieder hinein.

So kann das Reingold weitgehend bleiben. Drinking man und compañera kommen garantiert wieder – ohne zeitliches Limit.

Reingold, Novalisstraße 11, Mitte, Tel.: 28 38 76 76, täglich ab 19 Uhr

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