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Reinickendorf: Vorwurf Missbrauch: Pfarrer beurlaubt

Gegen den Pfarrer der Katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Reinickendorf wird wegen eines Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs ermittelt. Der Fall beschäftigte den Kardinal schon in den Neunzigern.

Von Sandra Dassler

Das Tor der Katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Reinickendorf steht einladend offen. Schautafeln an dem imposanten roten Backsteingebäude informieren über ein geplantes Sonderkonzert für Japan und viele andere Veranstaltungen der Gemeinde. Auf den Bekanntmachungen steht der Name des Pfarrers, doch der ist inzwischen von seinem priesterlichen Dienst „entpflichtet“.

Das heißt, er arbeitet nicht mehr als Pfarrer, erklärt Stefan Förner, Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats Berlin. Am Sonntag habe der Berliner Dompropst Stefan Dybowski den Gläubigen mitgeteilt, dass gegen ihren Pfarrer wegen eines Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs ermittelt wird. Und zwar sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von der Kirche selbst. Weihbischof Matthias Heinrich hat eine Untersuchung gegen den Pfarrer in Reinickendorf angeordnet. Bis ein abschließendes Ergebnis oder Urteil vorliegt, darf der Beschuldigte nicht als Seelsorger arbeiten.

Der Missbrauch soll sich in den neunziger Jahren ereignet haben, als der Pfarrer in einer Steglitzer Gemeinde tätig war. Das mutmaßliche Opfer soll ein damals 16 Jahre alter Junge gewesen sein, der sich erst jetzt – Jahre später – entschlossen habe, den Vorfall bei der Staatsanwaltschaft und der Kirche anzuzeigen.

Der Vorwurf war schon lange bekannt, der Pfarrer blieb trotzdem im Amt

Allerdings gab es bereits unmittelbar nach der angeblichen Tat entsprechende Hinweise aus dem Umfeld des Opfers, sagt Stefan Förner. Diese seien auch dem damaligen Oberhaupt des Erzbistums Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky, zu Ohren gekommen. Er habe darauf den mutmaßlichen Täter zu einem Gespräch geladen. Was dabei im Detail besprochen wurde, wisse er nicht, sagt Förner. Es sei auch nicht möglich, Kardinal Sterzinsky, der schwer krank ist, danach zu fragen. Es habe damals jedenfalls keine „äußeren Folgen“ gegeben. Der Beschuldigte konnte weiter als Pfarrer arbeiten.

Einzelheiten wollte Förner vor allem aus Rücksicht auf das mutmaßliche Opfer nicht nennen. Der junge Mann habe sich Dompropst Dybowski anvertraut und auch eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft jenes Ortes erstattet, in dem er jetzt lebe. Von dort sei die Anzeige an die Berliner Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, den Eingang allerdings noch nicht bestätigen.

Nach den Leitlinien der Deutschen Bischofskonerenz gelte der Fall des damals 16-Jährigen aufgrund des Alters des Jungen zwar nicht als Missbrauch Minderjähriger, dennoch gehe der Bischof dem Vorwurf nach, heißt es in einer Erklärung des Erzbistums. Die Leitlinien waren nach dem Bekanntwerden vieler Missbrauchsfälle 2010 aktualisiert worden.

Wie lange die innerkirchlichen Untersuchungen dauern, könne man noch nicht abschätzen, sagt Förner. Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres waren gegen einen Pfarrer in Tegel Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs erhoben worden. Die Untersuchen, die damals eingeleitet wurden, haben bisher noch zu keinem Ergebnis geführt.

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