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Die S-Bahn soll besser werden.

© Reuters

Rekommunalisierung: SPD will Weichen für die S-Bahn stellen

Eine Arbeitsgruppe der größten Regierungsfraktion prüft zwei Alternativen: Die Direktvergabe an ein Landesunternehmen oder eine Ausschreibung des S-Bahnrings.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Zukunft der S-Bahn bleibt in der Berliner SPD vorerst umstritten. Zwei Alternativen stehen zur Debatte: Eine Teilausschreibung des S-Bahnrings inklusive der südöstlichen Anschlussstrecken. Oder eine Direktvergabe an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bzw. ein anderes landeseigenes Unternehmen. „Wir prüfen das rechtlich und finanziell sehr intensiv“, sagte der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz am Dienstag dem Tagesspiegel. Er leitet die Arbeitsgruppe „Daseinsvorsorge“ der Regierungsfraktion. Eine Vorentscheidung sei noch nicht gefallen, versicherte Buchholz. Er wolle sich um einen Konsens der innerparteilichen Strömungen bemühen. „Wir lassen uns aber nicht von der Verwaltung künstlich unter Druck setzen.“

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) treibt momentan, orientiert am Koalitionsvertrag mit der CDU, eine Teilausschreibung voran, nachdem die bundeseigene Bahn AG den Verkauf ihres Tochterunternehmens S-Bahn an das Land Berlin abgelehnt hatte. Dem Vernehmen nach schrieb Müller kürzlich einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um dem Interesse Berlins am Erwerb der S-Bahn Nachdruck zu verleihen. Dieser Initiative werden koalitionsintern aber keine Erfolgsaussichten eingeräumt. Die Idee, das gesamte Berliner S-Bahnnetz „im Paket“ auszuschreiben, gilt nach wettbewerbsrechtlicher Prüfung in der CDU und bei vielen SPD-Experten ebenfalls als aussichtsloses Unterfangen. „Davon müssen wir uns verabschieden“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici. Die Diskussionen in der SPD nimmt er „verständnisvoll und ohne Schadenfreude“ zur Kenntnis.

Die Ausschreibung eines Teilnetzes wird zwar von Müller und dem Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) bevorzugt, widerspricht allerdings einem Parteitagsbeschluss vom November 2010. Die Genossen favorisierten damals mehrheitlich eine Direktvergabe der S-Bahn, „zum Beispiel an die BVG oder eine Tochtergesellschaft“. Zwar hatte der Bundesgerichtshof vor einem Jahr entschieden, dass S-Bahnleistungen in der Regel nicht direkt vergeben werden dürfen, es gibt jedoch ein Schlupfloch: Länder und Kommunen dürfen solche Verkehrsleistungen an eigene Unternehmen vergeben. Man nennt das Inhouse-Vergabe. Das Problem ist nur, dass die BVG derzeit nicht die personellen und technischen Voraussetzungen eines Eisenbahn-Betriebs erfüllt. Das ließe sich nachholen, würde aber viel Geld kosten.

Die SPD-Arbeitsgruppe, die bis zur Sommerpause Grundsatzpositionen zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe, der Gas- und Stromnetze usw. vorlegen will, räumt der S-Bahn zeitliche Priorität ein. Möglicherweise werden schon im Frühjahr Vorschläge vorgelegt. Damit der Senat keine Fakten schafft, werden finanzielle Ermächtigungen im Landeshaushalt zur Ausschreibung und Vergabe eines S-Bahnteilnetzes – 2012 immerhin 1,3 Milliarden Euro – von den Regierungsfraktionen SPD und CDU gesperrt.

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