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Berlin: "Relikt des Frühkapitalismus"

Dem Innenminister sei zur Vorsicht geraten. Für den Regierenden Bürgermeister Dietrich Stobbe geriet das Vorhaben jedenfalls beinahe zu einem politischen Debakel.

Dem Innenminister sei zur Vorsicht geraten. Für den Regierenden Bürgermeister Dietrich Stobbe geriet das Vorhaben jedenfalls beinahe zu einem politischen Debakel. Mitte der siebziger Jahre hatte Stobbe den Vorstoß gewagt, um nach der Einführung der gleitenden Arbeitszeit die tatsächliche Arbeitsdauer der öffentlichen Beschäftigten über eine Stechuhr zu kontrollieren. Ein Chor der Entrüstung hob an. Allen voran die ÖTV: Stechuhren seien "ein Relikt aus der Zeit des Frühkapitalismus". Der Senat solle sich von dem entstandenen Eindruck distanzieren, die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst seien "Bummelanten und Fälscher". Gewerkschaft und Personalräte traten "einer Entmündigung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" entgegen. Innensenator Peter Ulrich wies zurück, dass die Pläne auf Misstrauen begründet seien. Vielmehr solle es die Möglichkeit geben, die "Offenheit und Ehrlichkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber dem Bürger zu beweisen". Im Dezember 1977 beschäftigte sich sogar der Parteitag der SPD mit Stobbes Wunsch nach einer Stechuhr. Die Arbeitnehmervertreter blieben hart, Stobbe hatte keine Chance. Im Juni 1978 musste der Versuch der technischen Arbeitszeiterfassung im Berliner öffentlichen Dienst offiziell abgeblasen werden.

sik

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