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Berlin: Rendezvous für die EU

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen. Es war ein verregneter und sehr ungemütlicher erster Adventssonnabend in Berlin.

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Es war ein verregneter und sehr ungemütlicher erster Adventssonnabend in Berlin. Dennoch sind die meisten Einwohner halbwegs zufrieden mit diesem Tag. Ein paar gute Schnäppchen sind gemacht, gleichzeitig haben bei den Händlern erstmals seit langem wieder die Umsätze gestimmt. Und auch die türkischen Bewohner blicken zufrieden auf dieses Wochenende zurück. Das berichteten zumindest mehrere türkische Zeitungen. „Großartige Solidarität“, titelte am Sonntag die Tageszeitung Hürriyet und zeigte lange Menschenschlangen vor einem weißen Hürriyet-Zelt, das behangen war mit einer Türkei-Flagge. Es war am Sonnabend von 11 bis 16 Uhr auf dem Kurfürstendamm gegenüber dem Maison de France, Ecke Uhlandstraße, aufgestellt. Helfer sammelten darin Unterschriften für eine schnelle Aufnahme der Türkei in die EU.

Die Hürriyet will mit dieser Aktion die „Europäisch-Türkische Zivilplattform“ (ATP) unterstützen, die vor einigen Wochen von türkischen Vereinen und Organisationen in Köln gegründet wurde. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, der Türkei mit einer europaweiten Unterschriften-Kampagne, die bis Ende Dezember läuft, in die EU zu helfen. In Berlin haben sich die Türkische Gemeinde zu Berlin, der Türkische Bund Berlin-Brandenburg, das Kulturzentrum Anatolischer Aleviten, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion und die Türkisch-Deutsche Unternehmervereinigung Berlin-Brandenburg dieser Plattform angeschlossen.

Die Hürriyet unterstützt die Aktion, indem sie jeden Tag eine Liste abdruckt, auf die bis zu 13 Unterschriften passen. Zudem stellt sie in den Städten reihum Zelte auf. Am Sonnabend war Berlin dran. Klar, dass dieses Thema dann ganz groß auf die Titelseite der Sonntagsausgabe kommt: „Wir haben uns alle in Berlin in die Arme genommen“, titelte die Zeitung in großen Buchstaben. „Zum großen Rendevous kamen nicht nur Türken, sondern Deutsche, die in Berlin leben, und Politiker, die Freunde der Türken sind“, hieß es in den Unterzeilen. Im Innenteil zeigte Hürriyet Bilder von Politikern, die die Aktion mit ihrer Unterschrift unterstützt haben, wie zum Beispiel der schulpolitische Sprecher der Berliner Grünen, Özcan Mutlu, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Wieland, der Europa-Abgeordnete Ozan Ceyhun (SPD) und der „Freund der Türken“, Swen Schulz, der im wirklichen Leben Vorsitzender der SPD Spandau ist.

Auch die anderen Zeitungen berichteten über dieses Ereignis. Überhaupt sieht der Leser der türkischen Zeitungen fast täglich, wo überall eine neue Plattform gegründet wurde und wo sich überall Schlangen zum Unterschreiben gebildet haben. Die Hürriyet berichtete in einer vergangenen Ausgabe, dass diese Plattform binnen mehrerer Wochen drei Millionen Unterschriften sammeln will. Doch am Sonnabend wurde längst nicht so heiß gegessen wie gekocht. Die Menschenschlangen kamen mit Hilfe der Helfer vor Ort extra für die Kamera zustande, und das „rege Interesse der deutschen Medien“ kam lediglich von einem Kamerateam der ARD, das Bilder für die Politsendung Monitor drehte. Wie viele Unterschriften die Helfer gesammelt haben, schrieben die Zeitungen nicht. Es waren bis gestern in ganz Europa etwa 100000. Die Helfer müssen sich also beeilen, wenn sie ihr hochgestecktes Ziel erreichen wollen.

Suzan Gülfirat

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