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Berlin: Rentnerin erstach Ehemann – fünf Jahre Haft

69-Jährige tötete wegen eines banalen Streits. Gericht hält sie für vermindert schuldfähig

Nach fast 50 Jahren Ehe war plötzlich alles in Frage gestellt. „Ich wäre dich am liebsten los“, rief der Mann. Weil es wieder einmal zum Streit ums Trinken gekommen war, weil er sich wieder einmal bevormundet fühlte. Als Heinz P. in der Küche auf seine Frau zuging, griff sie nach einem Messer, stach es dem 72-Jährigen in die Brust. Davon waren die Richter gestern überzeugt. Die 69-jährige Rita P. verurteilten sie wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von fünf Jahren.

Die Worte des Mannes seien für Rita P. eine tiefe Kränkung, eine „elementare Verletzung ihrer Identität“ gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin. Auch die Angeklagte sei angetrunken gewesen. Das Gericht ging von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Die zierliche Rita P. hörte kopfschüttelnd zu. Sie hatte im Prozess viel Gutes über ihren Ehemann berichtet. Dass er lieb war, ihr im Haushalt half und sie jede Woche mit einem Blumenstrauß überraschte.

Und sie hatte von einem tragischen Unfall gesprochen, der sich Anfang Juni in ihrer Wohnung in Wedding ereignet habe: „Er stolperte gegen das Messer und fiel hin.“ Doch der 6,5 Zentimeter tiefe Stich, sein Verlauf und die Abwehrverletzung des Opfers sprachen gegen diese Version. Außerdem ließ Rita P. eineinhalb Stunden vergehen, ehe sie den Notarzt rief. Hätte sie früher Hilfe geholt, wäre Heinz P. nach Einschätzung von Gutachtern zu retten gewesen.

Vier Kinder sind im Haushalt von Heinz und Rita P. aufgewachsen. Man führte ein bürgerliches und unbescholtenes Leben. In den letzten Jahren aber ging es den Eheleuten gesundheitlich schlechter. Immer wieder stritten sie. „Beide waren nicht in der Lage, einen neuen Umgang miteinander zu lernen“, heißt es im Urteil. Der Alkohol wurde zur Zuflucht – und zur tödlichen Falle an jenem Abend im Juni, an dem Heinz P. wieder heimlich getrunken hatte.

Kerstin Gehrke

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