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Berlin: Requiem im Boxring

Deutsche Premiere für „Nachtmusik“ Schlossparktheater zeigt Hochhuths Mozart-Stück

Rolf Hochhuth deckt nichts so gern auf wie historische Irrtümer – oder was er dafür hält. In seinem Stück „Nachtmusik“ hat er sich mit dem Tod Mozarts beschäftigt, und er bietet eine eigenwillige Lösung des alten Rätsels an. Das Werk wurde kurioserweise 2001 in Glasgow in englischer Übersetzung uraufgeführt, verschwand dann aber in der Versenkung. Andreas Gergen, der Chef des Steglitzer Schlossparktheaters, hat nun gleich mindestens zwei Gründe, es auch deutschen Zuschauern zu zeigen: Wir befinden uns im Mozart-Jahr, und der Autor wird am 1. April 75 Jahre alt. Zu diesem Anlass hat das Theater um die Premiere herum eine „lange Nacht“ gestrickt, die um 18 Uhr 30 mit einer Autogrammstunde beginnt.

Die Grundthese Hochhuths lautet: Mozart ist vom Hofbeamten Franz Hofdemel (Stephan Wolf-Schönburg) vergiftet worden, weil er mit dessen Frau (Lisa Kalrlström) ein Verhältnis hatte, und er wurde deshalb so schnell in einem Armengrab verscharrt, weil das Königshaus diesen Skandal unbedingt vertuschen wollte. Das Stück setzt am Abend der Beerdigung ein. Hofdemel und seine Frau streiten bis zur Raserei, er greift zum Rasiermesser und will sie töten. Doch als Nachbarn aufmerksam werden, richtet er sich selbst.

Der zweite Akt beschreibt, wie Magdalena Hofdemel in einer Audienz beim König (gespielt von Helmut Rühl) versucht, ihren Mann ehrlich beerdigen zu lassen, denn ihm droht als Selbstmörder ein Grab auf dem Schindanger. Sie versucht dabei zu verbergen, dass er Mozart ermordet hat; der König dagegen will die Wahrheit herausfinden. Hochhuths Absicht: Nicht nur einen historischen Kriminalfall zu klären, sondern auch die Person Mozarts aus der Sicht von drei ihm nahe stehenden Menschen zu beleuchten. In Glasgow ist das seinerzeit überwiegend positiv aufgenommen worden.

Regisseur Gergen hat die beiden Akte nachträglich miteinander verschränkt, Hochhuth selbst steuerte am Rande der Proben noch einen neuen Satz bei, und Bühnenbildner Fred Berndt zog um die Kontrahenten einen schwarzen Boxring als ziemlich überdeutlichen Fingerzeig auf den Geschlechterkampf, der hier ausgetragen wird. Nahe liegend, dass auch Mozarts Musik zu hören ist: Carsten Gerlitz hat Motive aus dem Requiem für Cello und einen kleinen Chor arrangiert; die Sänger bewegen sich schemenhaft um den Ring und greifen bisweilen in die Handlung ein.

Aufführungen zunächst am 30. und 31.März, 20 Uhr, Premiere am 1.April, 20 Uhr, dann 2. April, 19 Uhr, und 3.April, 20 Uhr. Weitere Aufführungen sind in der laufenden Spielzeit vorgesehen, das Musical „Non(n)sens“ wird aber weiter gezeigt. Tel: (01805) 4444.

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