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Berlin: Retter bitten Patienten zur Kasse

Feuerwehr verschickt seit Montag Rechnungen.

Seit Montag schickt die Feuerwehr die Rechnungen für einen Rettungswageneinsatz direkt an die Patienten. Pro Tag lassen sich etwa 800 Berliner von der Feuerwehr medizinisch versorgen oder vom Rettungswagen in eine Klinik bringen. Wie berichtet, hatten die Berliner Krankenkassen ein seit 1992 bestehendes Abkommen gekündigt, das beinhaltet, dass die Feuerwehr die Rechnungen für einen Rettungswagen direkt an die Kassen schicken kann. Diese zahlten die Einsätze dann gebündelt an die Feuerwehr. Vor zehn Tagen war der letzte Einigungsversuch zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und dem Land Berlin gescheitert. Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) hatte dies so kommentiert: „Ich bedauere es sehr, dass die Krankenkassen ein patientenfreundliches Abrechnungssystem aufgekündigt haben.“

Die Rechnungen müssen innerhalb von sechs Wochen bezahlt werden, sagte ein Feuerwehrsprecher. Für die Fahrt im Rettungswagen sind zum Beispiel 281,43 Euro fällig. Den ausgelegten Betrag müssen sich die Patienten dann von ihrer Kasse wiederholen – ein für beide Seiten sehr bürokratisches Verfahren.

Wie es bei der Feuerwehr hieß, sollen allerdings mehrere Ersatzkassen in den vergangenen Tagen ihre Bereitschaft erklärt haben, das alte Verfahren fortzusetzen. Doch die Verhandlungen führt eine „Arbeitsgemeinschaft“ der Kassen, in der die AOK das Wort führt. Die Feuerwehr prüft nun, ob mit einzelnen Kassen separate Vereinbarungen geschlossen werden können. Experten werten dies als Versuch, die AOK unter Druck zu setzen.

Ein AOK-Sprecher sagte am Montag, dass die Berliner Kassen derzeit überlegen, wie die Rechnungen gegenüber den Versicherten abgerechnet und erstattet werden. Details stehen dazu noch nicht fest. Die Leiterin des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der Ersatzkassen (vdek) dementierte, dass es im Lager der Kassen „bröckele“. Gabriela Leyh wollte aber nicht ausschließen, dass sich einzelne kleinere Kassen direkt an die Feuerwehr gewandt haben.

Zum Ärger der Kassen hat Innensenator Frank Henkel (CDU) nicht auf ein vor zehn Tagen übermitteltes „Gesprächsangebot“ reagiert. Henkels Staatssekretär Bernd Krömer sagte am Montag dass es ein Gespräch erst geben könne, wenn ein „verhandlungsfähiges Angebot der Kassen“ vorliegt. „Darauf warten wir“, sagte Krömer.

Die Kassen ärgern sich seit Jahren über die ihrer Ansicht nach zu hohen Gebühren im Rettungsdienst. Doch mit zwei Klagen dagegen sind die Kassen in diesem Jahr vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Mit den beiden Prozessen wollten die Kassen 120 Millionen Euro für die letzten zehn Jahre zurückhaben. Dem Vernehmen nach hatten die Kassenverbände darauf spekuliert, dass die Feuerwehr mit der Rechnungserstellung in jedem Einzelfall überfordert sein werde. Nun scheinen eher die kleineren Kassen vor dem bürokratischen Aufwand zu kapitulieren.

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