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Berlin: Retter in der Nacht

Alexander Sellschopp kümmerte sich um eine schwer verletzte Radfahrerin Sie war von einer betrunkenen Autofahrerin nachts angefahren und liegen gelassen worden

„Das Auto hat wohl ein Verkehrsschild umgefahren“, dachte sich Alexander Sellschopp, als es wenige Meter von ihm entfernt heftig knallte. Der 35-Jährige war zu Fuß gegen 3 Uhr früh auf der Eberswalder Straße in Prenzlauer Berg unterwegs – vom Büro nach Hause. Er sah einen Kleinwagen in Richtung Wedding davonfahren. Doch die Frau am Steuer des Ford hatte kein Schild gerammt, sondern eine Radfahrerin. Mit seinem Kollegen lief Sellschopp sofort zu der Radlerin. „Sie lag wie ein Sack Kartoffeln auf dem Bauch, stöhnte und wollte aufstehen“, erzählt der Mann. Marie-Luise B. hatte offensichtlich einen schweren Schock und blutete am Kopf.

Bis der Notarzt der Feuerwehr kam, knieten Sellschopp und sein Arbeitskollege Paul Hadwiger neben der Schwerverletzten, beruhigten sie, sprachen mit ihr, gaben ihr das Gefühl, dass sich jemand um sie kümmert – sie handelten so, wie Experten es empfehlen.

Und noch ein dritter Zeuge machte alles richtig: „Der Autofahrer sah, dass wir uns schon um die Frau kümmerten, und fuhr dem Ford hinterher“, beschreibt Sellschopp die Arbeitsteilung. Dieser Mann stoppte die Frau einen Kilometer weiter an der Ecke Bernauer /Brunnenstraße und rief die Polizei. Später kam er an den Unfallort zurück und teilte den Verkehrspolizisten mit, dass die Flüchtige von deren Kollegen gefasst sei.

Die Fahrerin des Ford, Nicol M., war betrunken, zwei Promille waren es mit einem Schnelltest im „Alkomat“. Der genaue Wert durch eine Blutprobe im Krankenhaus steht noch nicht fest. Den Beamten vor Ort sagte sie, dass sie keinen Unfall bemerkt habe. Dabei hatte sie die Radfahrerin, die in gleiche Richtung fuhr, von hinten gerammt.

Im Polizeiprotokoll heißt es weiter, dass die Frau „den Vorhaltungen nicht folgen konnte“. Dieses Beamtendeutsch übersetzte ein Polizist so: „Die Frau war voll.“ Ihr Führerschein wurde sofort beschlagnahmt. Auf fehlendes Licht am Fahrrad wird sich Nicol M. nicht berufen können: Auch wenn das Rad stark zerstört ist – der Dynamo war eingeschaltet.

Trunkenheit und Unfallflucht gehören zu den gröbsten Vergehen im Straßenverkehr. Wie berichtet, steigt die Rücksichtslosigkeit vieler Autofahrer. Deshalb unterstützt die Berliner Polizei die vom Tagesspiegel im August diesen Jahres ins Leben gerufene Aktion „Kavalier der Straße“.

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