zum Hauptinhalt

Berlin: Richtig was geboten GESEHEN GEKAUFT SIGNIERT

Die Originale der Tagesspiegel-Serie „Berliner Blicke“ kamen unter den Hammer. Vorher wurden sie beim Kunstgipfel ausgiebig begutachtet

Das schwarze Viereck – ist’s ein Auto, das im Wasser der Spree versinkt? Oder ein Gebäude? Und daneben, die braune Rundung – vielleicht eine Katze im Großformat? Ein Vorhang? Der Kunstlehrer Horst Dietzel steht vor dem Gemälde von G.L Gabriel, legt grübelnd die Stirn in Falten und diskutiert mit einem Bekannten darüber, was die Künstlerin da im Vordergrund des Reichstages auf ihrem Bild festgehalten hat. Als er erkennt, dass die Linien die alte Kongresshalle samt geschwungenem Dach und viereckiger Luke darstellen, hellt sich sein Gesicht auf. „Sehr schön, wie sie die Atmosphäre getroffen hat“, sagt er anerkennend, nippt an seinem Glas und schlendert zum nächsten Bild.

Gut 300 Kunstfreunde waren am Dienstagabend ins Gasag-Gebäude am Reichpietschufer gekommen, um den Abschluss der Tagesspiegel-Serie „Berliner Blicke“ zu feiern. Bei Häppchen und Wein inspizierten sie die Originale der acht Gemälde und Zeichnungen, die unserer Zeitung in den vergangenen Wochen als Kunstdruck beigelegt waren. Sie diskutierten mit den Künstlern über Motive und Technik, verglichen kritisch Original und Nachdruck – und manche ersteigerten sich am Schluss des Abends ihr Lieblingsbild fürs heimische Wohnzimmer.

Bis auf den Wahl-Schweizer Gerhard Seyfried, der seinen Abschiedsblick aufs Brandenburger Tor gezeichnet hatte, waren alle Künstler persönlich gekommen, um ihre Werke zu präsentieren: Klaus Ensikat seine Federzeichnung „Gensd’armen-Markt“, Jim Avignon sein Acryl-Gemälde „Kottbusser Damm“, Christopher Lehmpfuhl seinen „Berliner Dom“ in Öl, Johannes Grützke sein Pastell „Berlin-Wilmersdorf“, Edward B. Gordon sein Ölgemälde über einen Tag im Tagesspiegel, André Krigar seinen „Potsdamer Platz“ in Öl und G.L. Gabriel ihr „Berlin-Bild V“.

„Die Symbiose dieser Werke ist wie ein Mosaik der Stadt“, sagt Kunstfreund Witalij Wilenchik begeistert nach dem Rundgang durch den Ausstellungsraum. „Jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte, und alle zusammen ergeben ein Gesamtbild.“ Sozialarbeiterin Monika Rechtern genießt es, Originale von Künstlern zu sehen, die sie seit langem bewundert, von Grützke über Seyfried bis zu Avignon. Maler André Krigar freut es, dass die Gäste ihn und seine Kollegen über ihre Kunst ausfragen. „Die Besucher sind neugieriger als in Galerieausstellungen, zu denen eher die kommen, die einen eh schon kennen.“

Spannend wird es, als Clemens Riedl, stellvertretender Geschäftsführer des Tagesspiegels, zum Hammer greift. Für vier Bilder liegen konkurrierende Gebote vor. Um Jim Avignon (Startgebot 300 Euro) entbrennt ein Wettstreit, in fünf Minuten ist die 1000er-Marke durchbrochen. Schließlich geht das Bild für 1500 Euro an Gasag-Vorstand Andreas Prohl. Ähnlich umkämpft sind auch die Bilder Lehmpfuhls, Ensikats und Grützkes. Deren Erlöse kommen zum Teil gemeinnützigen Zwecken zugute, die die Künstler ausgewählt haben, von der Berliner Tafel über ein Jungenheim bis zum Verein der Berliner Künstlerinnen. Nach der Auktion findet dann auch Seyfrieds Bild neue Besitzer.

Zwei gute Nachrichten für alle, die die Auktion verpasst haben: Erstens sind noch drei Originale der Serie zu haben, die von André Krigar, G.L. Gabriel und Edward B. Gordon. Und zweitens gibt es Drucke aller Bilder weiterhin in der Tagesspiegel-Geschäftsstelle (Potsdamer Str. 81-83, Tiergarten) zu kaufen. Das Einzelblatt kostet 7,50 Euro, das Set in einem Pappschuber 49 Euro. In limitierter Auflage gibt es die acht Stadtansichten signiert als Set für 99 Euro.

„Berliner Blicke“ im Internet: www.tagesspiegel.de/berliner-blicke . Dort stehen auch Fotos von der Versteigerung. Lithographien von G.L. Gabriel zeigt derzeit die Tabor Presse, Taborstraße 22, Kreuzberg (Mo-Fr 9-17 Uhr, Sonntag 14. und 21.12. mit Druckvorführung 12-18 Uhr). Hier gibt es für 500 Euro auch eine Lithographie des Motivs zu kaufen, das Gabriel für die Tagesspiegel-Serie beisteuerte. Bilder von André Krigar sind bis Ende Januar in einer Gruppenausstellung in seiner Galerie Classico (Schützenstraße 52, Steglitz, Tel. 7070 9384) zu sehen. Edward B. Gordons Bilder sind in seinem Ladenatelier (Krausenstraße 8, Mitte, 11-20 Uhr) zu sehen. Jim Avignon präsentiert mit befreundeten Künstlern neue Werke in der „Friendly Capitalism Lounge“, einem Club-Abend mit Kunst-Happening. Diesen Freitag, 21 Uhr, Haus Schwarzenberg, Rosenthaler Str. 39, Mitte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false