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Berlin: Ritterschlag auf der Love Parade

Aus der Platte auf die Platte: Alexander Gerlach und Kai Paul haben eine Kindheit in den Neubauvierteln von Dresden und Berlin hinter sich. Sie machten Musik, um sich von den anderen abzuheben. Das gelang so gut, dass sie heute als Lexy & K-Paul die Hitparaden erobern

Ihre erste Begegnung vor sechs Jahren endete fast in einer Schlägerei. Alexander Gerlach und Kai Paul hatten im Sage-Club dieselbe Frau angesprochen, keiner wollte das Feld räumen. Nach ein paar derben Sprüchen kam es zu einer Rangelei zwischen den Kontrahenten – bis der Türsteher die Streithähne an die frische Luft setzte. Fast genau ein Jahr später standen sich die beiden ein zweites Mal gegenüber. Die DJs und Hobbymusiker hatten unabhängig voneinander beim Plattenlabel „Low Spirit“ vorgesprochen, weil sie eine Platte mit elektronischer Musik aufnehmen wollten. Ein Produzent fand, dass die beiden gut zueinander passen – das Duo Lexy & K-Paul war geboren. Der Streit im Sage-Club war da aber noch nicht vergessen. „Die ersten Wochen waren sehr eisig“, erinnert sich Kai alias K-Paul, „aber wir wollten eben unbedingt Musik machen.“

Heute sind der 30-Jährige und der drei Jahre jüngere Alexander enge Freunde. Zwei Alben haben sie seither veröffentlicht, ihre neue Single „Love me Babe“ läuft bei den Musiksendern rauf und runter. Lexy & K-Paul machen Techno- und Elektromusik mit Punk- und Rock-Einflüssen. Für ihre Songs hat der Sänger von „Element of Crime“, der Berliner Sven Regener, getextet, die Techno-Größe Brake Baxter aus Detroit war Gastmusiker. Die Songs entstehen in einer alten Fabrikhalle in Moabit, im Nebenstudio macht Techno-DJ Westbam seine Platten.

Alexander und Kai stammen aus einfachen Verhältnissen. Das Musikmachen ermöglichte ihnen, aus einer tristen Welt auszubrechen. Alexander ist in Dresden aufgewachsen, Kai in Marzahn. „Eine Jugend in den Plattenbauten ist schon krass“, sagt Kai. In der eintönigen Gleichheit der Wohnungen und des Alltags habe da jeder nur einen Wunsch gehabt: aufzufallen. „Viele haben versucht, gute Sportler zu werden“, sagt er. Andere hätten sich die Aufmerksamkeit geholt, in dem sie mit Drogen dealten oder Autos klauten. „Egal was, wir haben versucht, in dem was wir machen, besonders gut zu sein“, sagt Kai. Einige seiner damaligen Freunde sitzen heute im Knast, einer ist an einer Überdosis Drogen gestorben. Kai selbst hat früh gemerkt, dass man auch mit Musik auffallen kann. Zunächst hat er nur auf Partys gespielt, später auch aus verschiedenen alten Songs neue Lieder gemixt.

Die Eltern von Alexander und Kai waren lange gegen die Jobs als DJs – bis vor drei Jahren. 2001 erhielt das Duo Lexy & K-Paul einen Echo-Musikpreis. Ihre Platte verkaufte sich danach 120000-mal. Der Auftritt bei der Love Parade unter der Siegessäule war dann so etwas wie ein Ritterschlag. Seither haben die Jungs auf Festivals in Europa, Südamerika und Asien gespielt. Besonders unter Jugendlichen in Japan ist deutsche Elektro-Musik schwer angesagt. „Die kennen da jede kleine deutsche Plattenfirma, jeden Text, das ist verrückt“, sagt Alexander.

Millionär ist zwar noch keiner von beiden, aber mit ihren Platten und Auftritten verdienen sie viel Geld. Bescheiden sind sie trotzdem geblieben. Alexander wohnt in Friedrichshain, Paul in Prenzlauer Berg. Ein dickes Auto hat keiner von beiden, sie fahren Fahrrad. Zu ihren Konzerten in Japan fliegen sie in der Touristenklasse. Und auch ihre Auftritte in Berlin haben sie auf drei im Jahr begrenzt. „Wir wollen nicht einfach Kohle scheffeln, bis wir dann ausgebrannt sind“, sagt Alexander, „unsere Konzerte sollen etwas Besonderes bleiben.“ Ihr nächster Auftritt ist erst irgendwann im Sommer geplant.

Vielleicht kommt dann ja auch die Frau, um die sie sich einst fast geprügelt hätten. Ärger würde es dann nicht mehr geben – Alexander und Kai haben inzwischen jeder eine Freundin.

Mehr im Internet unter

www.lexykpaul.de

Juris Lempfert

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