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Berlin: Rodeo

Das Rodeo ist eine von diesen Berlin-Ideen. Ein Club, der eigentlich keiner ist, mit Partys, die sich anfühlen, als hätte sie einer für seinen Freundeskreis organisiert.

Das Rodeo ist eine von diesen Berlin-Ideen. Ein Club, der eigentlich keiner ist, mit Partys, die sich anfühlen, als hätte sie einer für seinen Freundeskreis organisiert. Erst wird gekocht und dann getanzt und das alles geheim, irgendwo in einem Hinterhaus. So war das jedenfalls mal.

Das Rodeo gibt es seit zwei Jahren. Früher war es in der Kastanienallee über der Sparkasse, seit einem Jahr ist es im alten Postfuhramt an der Oranienburger Straße Ecke Tucholskystraße. Hinein gelangt man von hinten, von der Auguststraße aus. Hinter dem Gitter stehen zwei Türsteher, aber wenn man freundlich guckt, lassen sie einen gern hinein. Dann geht es über den Hof, zwei Treppen hinauf, sechs Euro, ein roter Flur und dann: ein Kuppelsaal mit Kassettendecke, darunter Tafeln mit weißen Tischdecken und überall Kerzen. Kein schlechter Ort für einen Club. Ende des 19. Jahrhunderts war hier die Schalterhalle des Annahme-Postamtes 24.

Es ist Samstag, Mitternacht, an den Tischen trinken ein paar Gäste noch ihren Espresso aus. Wer sich vorher angemeldet hat, (www.rodeo-club.net) kann vor der Party zum Drei-Gänge-Menü kommen. Die meisten sind schon aufgestanden, um sich an die Bar zu stellen. „I´m a survivor“, schallt es aus der Box, der Typ im aufgeknöpften Hemd steht auf und wippt verhalten mit dem Kopf. Vom Saal aus gelangt man in viele kleine Zimmer, eines ergibt das andere, wie in einer Altbauwohnung. In einem steht ein DJ-Pult vor der Tapete.

Das Rodeo ist kein Laden mit einer bestimmten musikalischen Richtung. Kein Electro-, House- oder Hiphopschuppen. Ein bisschen Rock und Pop und immer ein paar Hits dazwischen, die man entweder kennt oder lange verdrängt hat. Auf jeden Fall kann man dazu tanzen.

An der Bar steht ein buntes Gemisch, das ist genauso unspezifisch wie die Musik: kleine Juristenfraktion im blauen Oberhemd, ein bisschen Klüngel, ein paar Mädels mit Röhre und Ballerinas und männliche Styler mit weit ausgeschnittenem V-T-Shirt. Auf der Toilette schnürt eine Russin der anderen das Korsett-Oberteil. Es ist jetzt eins und so langsam wird es voll. Im Flur kommt ein Schwung junger haartollenfixierter Mädels mit Leder-Handtaschen unter die Achseln geklemmt herein. Die trifft man sonst eher in Großraumdiskos. „Wenn man die sieht, ist der Laden tot,“ sagt einer, der das Rodeo noch aus alten Zeiten kennt. Aber er meint das nicht böse. Die Stimmung wird betrunkener, immer mehr schwappen vom Saal in die Hinterzimmer. Auch die Haartollenmädchen verschwinden im Mob. Ja, das Rodeo hat sich verändert, das bestätigt auch der Gründer. Aber so sei es auch gut. Und Veränderung ist eben auch so ein typisches Berlin-Ding.

Sa. 5. Mai, ab 23 Uhr, Rodeo, Oranienburger/ Tucholskystraße, Eintritt 6 Euro

Johanna Lühr

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