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Berlin: Rollenspiele

Die Berliner SPD ist etwas irritiert, aber vor allem stolz auf Wowereits bundespolitische Ambitionen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Was will Klaus Wowereit wirklich? Wie weit reichen sein Ehrgeiz und seine Kompetenz, in der Bundespolitik kräftig mitzumischen? In der SPD-Führung – oder gar in einer späteren Bundesregierung. In diesen ereignisarmen Wahlkampftagen ist das wieder ein Thema geworden. Angestoßen durch eine Meinungsumfrage, die Wowereit auf Platz 5 der bundesweiten Beliebtheitsskala sah. Und eine Mehrheit der Bürger sprach sich dafür aus, dass Wowereit „in der deutschen Politik eine wichtige Rolle spielen soll“.

Daraufhin stürzten sich Financial Times Deutschland, Süddeutsche Zeitung, Spiegel und Focus, FAZ und die großen Fernsehsender auf den Berliner SPD-Spitzenkandidaten, der die Gelegenheit ergriff, um republikweit anzukündigen, dass er sich nach der Wahl am 17. September „bundespolitisch stärker artikulieren“ wolle. Um anschließend den Gerüchten vorzubeugen, er wolle nach einem Wahlsieg vorzeitig aus dem Roten Rathaus fliehen, verriet er dem Tagesspiegel: „Meine Lebensplanung ist es, Regierender Bürgermeister zu bleiben.“ Er sei nicht auf Jobsuche. Außerdem sei – als Kanzlerkandidat 2009 – der SPD-Parteichef Kurt Beck die erste Wahl.

Daraufhin fragte der „Stern“, ob er vielleicht stellvertretender SPD-Chef werden wolle, und Wowereit formulierte den schönen Politikersatz: „Prinzipiell schließe ich nichts aus.“ Das ist wohl die zentrale Botschaft des Regierenden Bürgermeisters: Wowereit hält den Fuß in der Tür zur Bundespolitik, damit sie nicht zufällt. So versteht es, nach kurzzeitigen Irritationen, jetzt auch die eigene Partei. Nicht nur Fritz Felgentreu, Neuköllner SPD-Kreischef und Sprecher der SPD-Rechten, findet Wowereits Doppelstrategie völlig in Ordnung: „Dass Politiker immer auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen, gehört doch zum Berufsbild.“

Auch der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller unterstützt die Ambitionen Wowereits vorbehaltlos. „Er kommt für jedes hohe Parteiamt und jede bundespolitische Rolle in Frage.“ Müller sagt das nicht nur, um das beste Pferd im Stall zu hegen. Er denkt auch daran, dass der Berliner Landesverband nach dem Ende der Ära Schröder in der Bundespolitik personell kaum noch präsent ist. Weder in der Regierung noch in der Partei oder der Bundestagsfraktion finden sich an den Schalthebeln der Macht Berliner Sozialdemokraten. Wolfgang Thierse ist noch Vize-Bundestagspräsident. Nur Wowereit sitzt qua Amt im SPD-Präsidium und im Bundesrat – und koordiniert die SPD-geführten Länder.

Da könne es nicht schaden, heißt es in der Landespartei, den einzigen Trumpf, den man habe, voll auszureizen. Und es schade auch nicht, sagt Wowereits Sprecher Michael Donnermeyer, „ein bisschen Power in den Wahlkampf zu bringen“. Andere Parteifreunde werfen Wowereit trotzdem vor, dass ihm für seinen bundespolitischen Parforceritt eine nachhaltige Strategie fehle. „Da muss er sich noch mehr in die Themen hineinknien.“

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