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Berlin: Rossmann-Mord: Der Prozess hängt an winzigen Fasern

Textilspuren sind die Hauptindizien im Verfahren. Beim Auftakt schwiegen die beiden Angeklagten.

Blaue, graue und graubraune Fasern. Diese winzigen Spuren sind Hauptindizien im Prozess um die Ermordung der Rossmann-Verkäuferin Regina G. vor elf Monaten. Die Staatsanwaltschaft will nachweisen, dass Silvio S. jener maskierte Räuber war, der am 10. Dezember letzten Jahres in Buch eiskalt auf die 46-jährige Frau einstach. Seit gestern muss sich der 20-jährige Hilfskoch vor dem Landgericht verantworten. Es ist ein Indizienprozess, der vor allem an diesen paar Fasern hängt. Das weiß auch die Familie der Getöteten. Sichtlich angespannt, aber auf Zurückhaltung bedacht saßen der Ehemann und die drei 18 bis 26 Jahre alten Töchter von Regina G. mit im Gerichtssaal. „Die Familie erhofft sich Aufklärung, wer für den Mord verantwortlich ist“, sagte ihr Anwalt.

Neben Silvio S. sitzt Murat Ö., sein mutmaßlicher Komplize, auf der Anklagebank. Der 25-Jährige soll an der Rossmann-Filiale in der Wiltbergstraße Schmiere gestanden haben. Während S. die Vorwürfe vor der Polizei bestritten hat, soll Ö. geschwiegen haben. Zu Beginn des Prozesses verweigerten die beiden Männer die Aussage. Und beide vermieden es, in Richtung der Nebenkläger auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen.

Es geschah kurz nach Feierabend. Einer der Räuber lauerte im Rampenbereich des Hintereingangs der Filiale. Als um 18.17 Uhr drei Verkäuferinnen das Geschäft verließen, sprang er aus der Deckung. „Los rein!“, brüllte der maskierte Mann und versuchte, die Frauen zurück in die Filiale zu drängen. Dabei stach er drei Mal leicht auf Regina G. ein. Als sie dennoch nicht umkehren wollte, rammte er der Frau das Messer in den Bauch. Tödlich verletzt brach die stellvertretende Filialleiterin Regina G. zusammen. „Dann eben nicht!“, rief der Messerstecher und floh ohne Beute.

Bereits kurz nach der Tat hatten die Ermittler auf Grund von Zeugenaussagen den arbeitslosen Silvio S. im Verdacht. Er ist wegen Raubes vorbestraft, wohnte nicht weit von der Rossmann-Filiale entfernt und hatte für die Tatzeit kein Alibi. Fünf Tage nach dem Mord wurde er festgenommen. Für einen Haftbefehl allerdings reichte es damals noch nicht. Der erging erst am 1. März, als die Laborberichte zu den Faserspuren vorlagen.

Die Polizei hatte verschiedene Wohnungen, in denen sich S. damals aufgehalten haben soll, akribisch durchsucht. Eine Tatwaffe wurde nicht gefunden, aber unter anderem ein blaues Kapuzenshirt. Fasern dieses Kleidungsstücks wurden am Jackenärmel der Toten sichergestellt. Doch war es der vorbestrafte Hilfskoch, der das Shirt trug? Es wurde in der Wohnung seiner verheirateten Schwester entdeckt. Selbst der Staatsanwalt sagte am Rande des Prozesses: „Die Beweislage ist schwierig.“ Bislang sind vier weitere Verhandlungstage bis zum 4. Dezember terminiert.

Ein überraschend schnelles Ende nahm dagegen ein Prozess, in dem es um eine Serie von Raubüberfällen auf Drogeriemärkte ging. Zwei 26-jährige Angeklagte hatten die Taten, die zwischen November 2005 und März 2006 verübt worden waren , gestern gestanden. Gegen einen der Räuber erging eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten; sein Komplize muss für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis.

Kerstin Gehrke

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