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Hat es im Moment nicht leicht: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD).

© Jörg Carstensen/dpa

Rot-Rot-Grün in Berlin: Streit in der Koalition um Länderfinanzausgleich

Am Freitag beschließt der Bundesrat den neuen Länderfinanzausgleich. Die Linke in Berlin blockiert – vor allem wegen der Autobahnen.

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Bei Rot-Rot-Grün herrscht ziemlicher Krach. SPD, Linke und Grüne können sich bisher nicht darauf einigen, dem Gesetzespaket zur Reform des Länderfinanzausgleichs im Bundesrat zuzustimmen. In der Senatssitzung am Dienstag kam man nicht auf einen Nenner. Wenn es so bleibt, müsste sich Berlin in der Länderkammer, die am Freitag zusammenkommt, der Stimme enthalten. Schon am Montag in der Staatssekretärs-Konferenz, die turnusmäßig die Senatssitzung vorbereitet, seien „ungewöhnlich deutliche Worte“ gefallen, verlautete aus Koalitionskreisen.

Denn die Linke sperrt sich hartnäckig gegen das Gesetzespaket, das auf Bundesebene in der schwarz-roten Koalition ausgehandelt wurde. Auslöser des Ärgers ist allerdings nicht der Kompromiss für einen neuen Finanzausgleich, sondern die vom Bund geplante Infrastrukturgesellschaft, die vor allem für den Bau und die Sanierung von Autobahnen zuständig sein soll. Diese war eine Bedingung des Bundes für die Zustimmung zum Ländermodell beim Finanzausgleich, weshalb beide Projekte zusammengefasst wurden. Der Regierungspartner von SPD und Grünen befürchtet, dass die Autobahngesellschaft noch immer die Möglichkeit bietet, der Beteiligung privater Kapitalgeber Tür und Tor zu öffnen.

Die Linken sprechen von "unzulässigen Koppelungsgeschäften"

Die Haushaltspolitiker von Union und SPD im Bundestag hatten den Regierungsentwurf zwar deutlich verändert und schlossen bestehende Privatisierungsmöglichkeiten durch Grundgesetzformulierungen aus. Kritiker aber meinen, dass nicht alle Hintertüren geschlossen worden seien – so etwa die Möglichkeit, über Genussscheine privates Kapital einzubinden oder lange Teilstrecken über öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP)zu bauen und zu finanzieren.

Deshalb sind die Linken in Berlin mit dem vereinbarten „ Schutzmechanismus“ nicht zufrieden und sprechen von „unzulässigen Koppelungsgeschäften“. Die Grünen sprechen dagegen nur von einer „abstrakten Gefahr“ und wollen, wie die SPD, zustimmen. Denn die 2016 zwischen Bund und Ländern vereinbarte Reform des Finanzausgleichs, die Berlin ab 2020 jährlich 490 Millionen Euro zusätzlich bringt, wird von Rot-Rot-Grün einhellig gestützt. Da sähe es jetzt dumm aus, wenn ausgerechnet Berlin, das vom bundesstaatlichen Finanzausgleich mit großem Abstand am meisten profitiert, sich bei der Abstimmung im Bundesrat bei dem Gesamtpaket enthalten würde, weil die Linken nicht mitmachen.

Bis Freitag muss Rot-Rot-Grün sich einigen

Vor allem die SPD in Berlin ist verstimmt. Am Montag sollen Sawsan Chebli, die Koordinatorin für Bundesangelegenheiten, und SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider den Linken gedroht haben, deren Blockade öffentlich an den Pranger zu stellen. Offenbar macht auch die Bundes-SPD auf die Berliner Genossen Druck. Die Zeit drängt – bis Freitagfrüh muss Rot-Rot-Grün sich einigen. Am Dienstag hieß es im Roten Rathaus, es gebe noch „kein finales Ergebnis“ bei den internen Verhandlungen. Der Dissens im Senat beruhe auf unterschiedlichen Wissensständen über das Gesetzespaket.

Ob andere Länder sich ebenfalls enthalten, blieb am Dienstag unklar. Wie es hieß, gibt es Bedenken in den Ländern mit Linken-Regierungsbeteiligung, also auch in Thüringen und Brandenburg. Aus den Ländern, in denen die Grünen mit am Ruder sind, ist kein Widerstand zu erwarten. Zwar sind nahezu alle Länder nicht glücklich mit dem Gesamtpaket, doch da der neue Finanzausgleich steht, gilt es gemeinhin als zustimmungsfähig. Die nötige Zweidrittelmehrheit gilt als nicht gefährdet.

Am Dienstag beriet auch die SPD-Bundestagsfraktion, in der vor allem linke Abgeordnete – darunter die Berlinerin Cansel Kiziltepe – Bauchschmerzen haben wegen der Autobahngesellschaft. 23 Abgeordnete wollen daher dem Paket nicht zustimmen. Es sei weiter möglich, die Autobahngesellschaft in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, sagte Kiziltepe. Zudem sei die Einschränkung von ÖPP im Grundgesetz nicht konkret genug. Sie kritisierte, dass die Union im Bund „Einzelabstimmungen des Gesamtpakets“ verhindert und damit gedroht habe, das Paket andernfalls platzen zu lassen.

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