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Frank Henkel verbeugt sich vor den Parteitagsabgeordneten.

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Rot-Schwarze Koalition für Berlin steht: Frank Henkel: "Eine Liebeserklärung an unsere Stadt"

Die Landesparteitage von SPD und CDU bestätigen die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen. Allerdings tun sich die Sozialdemokraten schwerer als ihr künftiger Partner.

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SPD und CDU stimmten am Montagabend auf Landesparteitagen dem ausgehandelten Koalitionsvertrag zu. Bei der CDU war das Ergebnis eindeutig. Es gab keine Gegenstimmen, nicht einmal Enthaltungen. Bei den Sozialdemokraten, die geheim abstimmten, sprachen sich 176 Delegierte für die rot-schwarze Koalitionsvereinbarung aus, immerhin 39 stimmten dagegen. Es gab sieben Enthaltungen.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte zuvor die „sozialdemokratische Handschrift“ des Regierungsprogramms gelobt, das aber erst nur einmal ein Stück Papier sei, das noch mit Leben erfüllt werden müsse. Der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel sagte, der Koalitionsvertrag sei „gut für Berlin“. Einerseits von Pragmatismus geprägt, aber zugleich auch „eine Liebeserklärung an unsere Stadt“.

Vereinzelte Kritik der CDU-Basis an den Verhandlungsergebnissen griff Henkel in seiner 40-minütigen Parteitagsrede auf. Einerseits lobte er den Vertrag zwischen SPD und Union als „hervorragende Grundlage für die nächsten fünf Jahre“, andererseits gestand er ein, dass es auch „schmerzliche Punkte“ darin gebe. Als Beispiele nannte der CDU-Chef den Verzicht auf die Verbeamtung neuer Lehrer und die ebenfalls von der SPD durchgesetzte Position, dass der Religionsunterricht weiterhin freiwillig bleiben soll. Alles in allem enthalte der Koalitionsvertrag aber zahlreiche Positionen der CDU – vom Bekenntnis zum Ausbau der A 100 über die Förderung des Mittelstands bis zur Einstellung von 250 neuen Polizisten. Das rot-schwarze Regierungsprogramm trage „die Handschrift der Union“.

Die CDU-Delegierten dankten Henkel für seine Arbeit als Parteichef und erfolgreicher Spitzenkandidat mit lang anhaltendem, stehenden Applaus. Allerdings fiel die – in der Tagesordnung des Parteitags – vorgesehene Aussprache mangels Redebedarf komplett aus. Das sprach sich auf dem Landeskongress des Koalitionspartners SPD schnell herum. Es wurde ein wenig gelästert. Ein Parteitag ohne Diskussionen, wo gibt’s denn so was? Bei den Berliner Genossen jedenfalls nicht. Mindestens 25 Redner drängten ans Podium, obwohl es kaum grundsätzliche Kritik an der Koalitionsvereinbarung gab. Jeder plauderte mit jedem, so dass im Laufe des Abends eine gemütliche Kneipenatmosphäre entstand. Laut Parteitagsregie sollte der SPD/CDU-Vertrag am Ende durch Handaufheben abgesegnet werden, aber dann beantragte ein Vertreter des linken Flügels geheime Abstimmung.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die SPD-Genossen es fast noch einmal spannend gemacht hätten.

Klaus Wowereit muss noch Überzeugungsarbeit bei seinen Genossen leisten, während der Landesparteitag für Frank Henkel zum Schaulaufen wird.
Klaus Wowereit muss noch Überzeugungsarbeit bei seinen Genossen leisten, während der Landesparteitag für Frank Henkel zum Schaulaufen wird.

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Zu Beginn des SPD-Parteitags hatten sowohl Landeschef Michael Müller als auch Wowereit noch einmal ausführlich begründet, warum die Gespräche mit den Grünen gescheitert waren. „Der Punkt war nicht die A 100, sondern die Grünen fanden keine Haltung zu den wichtigen Fragen, die die Stadt bewegen“, sagte Müller. Die Öko-Partei sei weder kompromiss- noch regierungsfähig. „Wir sind aber nicht für ein Koalitions-Abenteuer gewählt worden.“ Müller sagte später noch: „An die CDU muss man sich erst wieder gewöhnen“.

Der Regierende Bürgermeister Wowereit erwähnte die Christdemokraten in seiner Rede mit keinem Wort, dankte noch einmal herzlich den Linken als langjährigem Regierungspartner und sagte, dass „Koalitionsbildungen nicht nur Wunschangelegenheit sind“. Sie müssten tragfähig sein. Knappe Mehrheiten seien an sich kein Problem, aber ohne eine Vertrauensbasis seien sie tödlich. Wowereit betonte, dass Rot-Schwarz in Berlin eine rein landespolitische Entscheidung sei, aber kein Signal für andere Länder oder den Bund. „Es bleibt das Ziel der Sozialdemokraten, die CDU in der Bundesregierung abzulösen.“

Vor dem Kongress-Hotel in Berlin-Mitte versammelten sich zu Beginn des SPD-Landesparteitags kleine Protestgruppen. Protestiert wurde gegen die Flugrouten in Schönefeld, die mögliche Teilausschreibung der S-Bahn und für eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe.

Am Mittwoch soll die Koalitionsvereinbarung von den Landesvorsitzenden der künftigen Regierungspartner unterzeichnet werden. Einen Tag später stellt sich Regierungschef Wowereit im Abgeordnetenhaus zur Wahl, um sich im Amt bestätigen zu lassen. SPD und CDU haben im Landesparlament eine satte Mehrheit von 86 der 149 Mandate. Wowereit benötigt die absolute Mehrheit, das sind 75 Ja-Stimmen. Eine Zitterpartie wie im November 2006, als der SPD-Spitzenmann erst im zweiten Wahlgang mit einer Stimme Mehrheit wiedergewählt wurde, ist nicht zu erwarten.

Nach Wowereits Wahl wird er die fünf SPD-Senatoren bitten, die Landesgeschäfte vorläufig weiterzuführen, die drei Senatoren der Linkspartei werden entlassen. Am 1. Dezember will Wowereit die neuen Senatoren ernennen, je vier von SPD und CDU. Öffentlich bekannt gegeben wird das neue Wowereit-Kabinett am nächsten Montag: Bei der CDU auf einem Kleinen Parteitag, bei der SPD auf einer gemeinsamen Sitzung von Landesvorstand und Abgeordnetenhausfraktion.

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