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Berlin: Rotlicht-Affäre um den Alten Fritz

Anklage wegen Korruption im Landesdenkmalamt

Der Alte Fritz, der so viel auf preußische Tugenden hielt, würde vor Wut schäumen und an kujonierende Stockschläge denken: Da wird gegen einen früheren Restaurator des Landesdenkmalamtes Anklage wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Untreue und mehr erhoben. Und er, Friedrich II., steht nun unschuldig als Reiterdenkmal Unter den Linden im Mittelpunkt einer schmierigen Korruptionsaffäre, mit Bordellbesuchen, zwei gratis überlassenen BMW-Cabrios, Einladungen in Restaurants und stattlichen Bargeldbeträgen.

Der einstige Restaurator Heinrich S., dem der Alte Fritz anvertraut war, soll jedenfalls seine Amtspflichten gegenüber dem Denkmal und der Landeskasse nicht ganz so preußisch genau genommen haben. Für die Restaurierung beauftragte er – nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in „wettbewerbsbeschränkender Absprache“ – einen freiberuflichen Bildhauer und zwei Bauunternehmen.

Es soll nicht zu seinem Nachteil gewesen sein. Denn dem Bildhauer und den Firmen werden unter anderem Vorteilsgewährung, Bestechung und Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt. Der Restaurator war für die millionenschwere Auftragsvergabe zuständig und überprüfte nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch die Rechnungen als „sachlich und fachlich richtig“. Den Firmen wird vorgeworfen, mit Hilfe des Mannes vom Amt bei der Restaurierung des Denkmals im Jahr 2000 annähernd 100 000 Mark für tatsächlich nicht geleistete Arbeiten gegenüber dem Bezirksamt Mitte abgerechnet und erhalten zu haben.

Um sich den Restaurator für falsche Abrechnungen gewogen zu machen, sollen die drei Mitangeschuldigten sowie weitere Bauunternehmer zwischen 1996 und 2000 bei diversen Gelegenheiten „geldwerte Vorteile“ gewährt haben: Besuche im Rotlicht-Milieu, die Cabrios, die teuren Restaurantbesuche. Der Restaurator und der Bildhauer sollen auch 1999 bei Restaurierungsarbeiten am Zeughaus zwei Bauunternehmen zu „Scheinangeboten“ veranlasst haben – damit der Bildhauer dann das scheinbar günstigste Angebot abgeben konnte. Die Ausschreibung wurde jedoch vor der Auftragsvergabe aufgehoben.

Die Anklage ist neu, der Verdacht alt: Schon 2001 hatten, wie berichtet, ein Denkmalpfleger und zwei andere Restauratoren wegen des Reiterstandbilds Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Sie sprachen auch von „falscher Sanierung“. Es ging um den Verdacht auf Bevorzugung im Amt und verschleuderte Steuergelder. Der für die Auftragsvergabe zuständige Amtskonservator S. war damals schon vom Dienst suspendiert, denn gegen ihn liefen bereits andere Verfahren wegen Vorteilsannahme.

Dass die Erhebung der Anklage so lange dauerte, begründete die Justiz mit Schwierigkeiten bei der Ermittlung in Korruptionsfällen: „Hier gibt es keinen klassischen Geschädigten.“ So sei es schwerer, an Informationen heranzukommen. Landeskonservator Jörg Haspel sagte, in den letzten Jahren sei man wegen der mehrfach verschärften Anti-Korruptionsrichtlinien klüger und aufmerksamer geworden. Es gebe weniger „Spezialistentum“, dafür klare Regelungen, wer Arbeiten sachlich, wer rechnerisch prüfe. Die Kontrollen und Entscheidungen seien transparenter. C. v. L.

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