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Berlin: Rückblick auf den ganz privaten Helmut Newton

Die Witwe des Starfotografen eröffnete Ausstellung mit Dingen aus dem persönlichen Besitz – von Socken bis zum Geländewagen

Quietschgelbe Socken zu weißen Sneakers, darüber dunkelblaue Jeans, ein schwarzes Polohemd und ebensolches Sakko. Ein brauner geprägter Ledergürtel hält das legere, aber trotzdem elegante Outfit zusammen; die wuchtige Silberschließe ziert ein großes „N“. Das steht für Newton und gehört zu Helmut Newtons „Private Property“. So heißt die Ausstellung der Helmut-Newton-Stiftung, die am 2. November von 10 bis 18 Uhr mit einem Tag der offenen Tür im Museum für Fotografie in der Jebensstraße 2 übergeben wird.

Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, übte sich gestern schon in Vorfreude: auf die zu erwartende lange Schlange vor dem ehemaligen Landwehrcasino. Das Haus war 1938 das Letzte, was der 18-jährige Helmut Newton bei seiner Emigration nach Singapur sah, als er mit dem Zug seine Heimatstadt Berlin verließ. Heute lockt sein Bildnis auf Plakaten die am Bahnhof Zoo Ankommenden ins Newton-Museum auf der anderen Straßenseite. Seit der Eröffnung im Juni sahen es immerhin 120 000 Besucher, überwiegend junge und aus aller Welt.

Mit dem jetzt ausgestelltem Privateigentum des Starfotografen kann man nicht nur intimere Einblicke in dessen Leben und Entwicklung nehmen, sondern sich auch ein eigenes Bild von Helmut Newton machen: Zweifellos war sich der Mann bewusst, dass er gut aussah. Auch, dass er nicht wahllos in den Kleiderschrank griff – mehrere ausgestellte komplette Outfits und lebensgroße Fotos Newtons bezeugen das. „Wen interessiert denn das“, moserte ein Fotograf beim Presserundgang, dass Berlin ja fast Personenkult mit seinem berühmten Sohn treibe, der im Januar in Los Angeles tödlich verunglückt war. Statt für modische Vorlieben des Künstlers interessierte er sich mehr für dessen Kameras. Mit seiner ersten – einer Agfabox – fotografierte der zwölfjährige Helmut 1932 den Funkturm. Mit Blick auf eine Panorama-Kamera in der Vitrine sagte der kritische Newton-Jünger gestern andächtig: „Die kostet ein Vermögen.“

Das mächtigste Stück des privaten Eigentums von Helmut Newton dominiert die neue Schau, die sich nunmehr auf 1800 Quadratmetern dem berühmten Porträtisten der Nackten, Reichen und Schönen dieser Welt widmet. Mitten im ehemaligen Offizierscasino prunkt das Newton-Mobil – die silberblaue Sonderanfertigung eines Jeeps, dessen gewaltige Felgen ebenso wie das gigantische Lenkrad die verschlungenen Initialen eines der bestbezahlten Fotografen der Welt tragen.

Am 31. Oktober wäre Newton 84 Jahre alt geworden – „Private Property“ ist ein Geburtstagsgeschenk seiner Frau June. Die unglaublich jung aussehende 81-Jährige zeigte gestern begeistert, wovon sie sich trennte: von Helmuts Thomas-Mann-Bibliothek bis zum Gartenlauben-Kalender von 1909, seinen eigenen Publikationen in Erstausgaben, seinen Auszeichnungen und Foto-Requisiten wie lackglänzenden Highheels, Handschellen und Pistolenhalftern. Auch von Briefen trennte sich June Newton, wie dem vom 2. November 2000: Als „vollkommen geknickerter Helmut“ entschuldigt er sich darin beim Bundeskanzler („darf ich immer noch Gerd sagen?“) für ein verschusseltes Abendessen.

In einer Ecke des Museums ist Newtons Büro wiedererstanden. Wie in Monte Carlo steht auch in Berlin ein Accessoire Kopf – eine nackte Schaufensterpuppe. „Das Museum ist für Berlin, der Raum hier für mich“, sagte gestern glücklich June, die etwas länger bleiben will.

Heidemarie Mazuhn

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