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Berlin: Rückgrat der Community

Das schwule Beratungszentrum Mann-O-Meter wird 25 und feiert mit einer Gala im Tipi

Altenarbeit machen sie auch bei Mann-O-Meter, dem Informations- und Beratungszentrum für Schwule in der Bülowstraße in Schöneberg. Mit wie viel Jahren geht die los? „Mit 45 plus“, sagt Marcus Behrens, der fachliche Leiter, und grinst. Da hat er ja noch zwei Jahre Zeit. Rudolf Hampel, ehrenamtlich im Vorstand von Mann-O-Meter, ist zwar schon 54, aber trotzdem nicht im Altenkreis. Keine Zeit, winkt er ab. Er drückt sich lieber als Lobbyist im Abgeordnetenhaus herum und wirbt um Sympathien und Fördermittel für den Verein. Beides braucht Mann-O-Meter heute nicht weniger als 1986, als der aus der Schwulen-Community hervorgegangene Verein das erste deutsche Beratungszentrum dieser Art in der Manteuffelstraße eröffnete.

Aus dem Laden, der zuerst noch ganz analog per Telefon und Druckpapier Adressen und Infos über alle Facetten schwulen Lebens sammelte und sich in der Mitte der Achtziger aufkommenden Aids-Krise um HIV-Aufklärung und Vorbeugung kümmerte, ist in den vergangenen 25 Jahren ein Herzstück der Schwulenszene geworden. Wichtige Anlaufstelle und Netzwerk für Orientierungssuchende aus Stadt, Land, Ausland. Weit über die Grenzen der Stadt bekannte Blaupause für ähnliche Zentren im Bundesgebiet und im Ausland. Eine Institution.

Höchste Zeit also, den von sechzig ehrenamtlichen und sieben hauptamtlichen Mitarbeitern erarbeiteten Ruhm zum 25. Bestehen zu feiern: mit einer am heutigen Montag im Tipi am Kanzleramt steigenden Gala, die Thomas Hermanns moderiert. Der Friedrichstadtpalast hat sie produziert. Als Showacts sind unter anderem Tim Fischer, Malediva und Ades Zabel zu sehen. Als Festredner treten Rita Süßmuth und Klaus Wowereit auf.

Mit ihm als Regierendem Bürgermeister dürfte sich in Sachen Schwulenemanzipation doch einiges zum Besseren gewendet haben, oder? Ja, politisch sei sie in Berlin unstrittig, sagt Rudolf Hampel. „Aber als Minderheit musst du immer auf dem Quivive sein, immer aufpassen.“ In manchen Betrieben würden Homosexuelle wie eh und je massiv diskriminiert. Und Stefan Müller, 32, der die Jugendarbeit mit Jungs ab 14 macht, ergänzt: Es gäbe immer noch Familien in der Stadt, wo man als junger Schwuler rausflöge, und das seien keineswegs nur migrantische.

Da kann ein offener Ort, wo man sich einfach auf einen Kaffee treffen kann und freundschaftlich psychologisch, medizinisch und sozial beraten wird, schnell der rettende Anker sein. Gerade auch in der informierten digitalen Welt. Die mache nämlich die Orientierung hiesiger Homos oder derjenigen, die als Touristen die deutsche Schwulen-Hauptstadt besuchen, nicht notwendigerweise einfacher, sagt Müller. Obwohl dort jedes nur denkbare Angebot zu finden sei.

Zu 80 Prozent finanziert sich Mann-O- Meter inzwischen aus öffentlichen Geldern, was auch ein Indiz für die anerkannte Arbeit ist. Die Möglichkeit, sich anonym und schnell auf HIV testen zu lassen, haben sie hier erfunden. Und auch das Anti-Gewalt-Projekt Maneo mit dem Überfalltelefon findet international Nachahmer. Ein weiterer Bereich ist die Gefängnisarbeit, die die Betreuung von 50 Häftlingen einschließt. Vorne im Café in dem Betonbau am Nollendorfplatz sitzt gerade eine große Runde Männer, die sich für den heiklen Job schulen lässt.

Rudolf Hampel ist am längsten von allen, nämlich schon seit 1988, bei Mann- O-Meter dabei. Warum? Ich will was bewegen, Spuren hinterlassen, sagt er, nicht nur feiern. Aber heute, das 25-jährige Bestehen, das natürlich schon. Gunda Bartels

Jubiläumsgala: Mo 29.8., 20 Uhr, Tipi am Kanzleramt, 30 Euro, Zentrum: Mann-O-Meter, Bülowstraße 106, Schöneberg, www.mann-o-meter.de

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