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Berlin: Rückkehr in das Unglückshaus: Die Bauaufsicht gibt die Wohnungen in der Herderstraße wieder frei

Elf Tage nach der Gasexplosion an der Herderstraße 6 hat die Charlottenburger Bauaufsicht gestern die meisten Wohnungen wieder freigegeben. Die ersten Eigentümer und Mieter kehrten schon zurück, weitere dürften laut Hausverwaltung heute folgen.

Elf Tage nach der Gasexplosion an der Herderstraße 6 hat die Charlottenburger Bauaufsicht gestern die meisten Wohnungen wieder freigegeben. Die ersten Eigentümer und Mieter kehrten schon zurück, weitere dürften laut Hausverwaltung heute folgen. Vom mutmaßlichen Verursacher der Explosion, dem 57-jährigen Lothar Terletzki, fehlt trotz bundesweiter Fahndung noch jede Spur. Bei der Detonation waren neun Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Eine 47-jährige Bewohnerin und eine 29-jährige Polizistin sind außer Lebengefahr, müssen aber weiterhin im Krankenhaus behandelt werden.

Von den insgesamt 32 Wohnungen dürfen 26 im Vorder- und Hinterhaus nun wieder bezogen werden, nachdem die Statik überprüft worden war. "Das sagt allerdings nichts über den Renovierungsbedarf aus", schränkte Charlottenburgs Baustadträtin Beate Profé (Grüne) ein. Die übrigen Räume, darunter der gesamte Seitenflügel und das Büro der Berliner Tierärztekammer, bleiben voraussichtlich noch ungefähr drei Monate lang unbewohnbar. Derzeit sind die stark zerstörten Teile des Hauses mit Holzlatten abgesperrt. Der Seitenflügel des Hauses stand zum Zeitpunkt der Explosionen ohnehin wegen Renovierungen leer. Als Hauptproblem gilt dort eine stark beschädigte Treppe.

Durch die Herderstraße fließt mittlerweile wieder der Verkehr. Die Polizei war gestern mit Beamten in Zivil präsent - wohl nicht zuletzt wegen der Fahndung nach Lothar Terletzki. Im Haus arbeiteten zahlreiche Handwerker, die Müllcontainer waren noch mit Trümmern und zerstörten Einrichtungsgegenständen gefüllt.

Die Elektrizitätsversorgung übernimmt vorläufig ein Notstromgenerator. Die Gas- und Wasserleitungen sind bereits repariert. Mehr oder weniger provisorisch wurden auch Wohnungstüren und Fenster der freigegebenen Wohnungen instandgesetzt. Die Telefonanschlüsse funktionieren größtenteils wieder. Heute will man die Warmwasserzufuhr anstellen. Für einen Test der Gas-Kombi-Thermen sollen die Bewohner ihre Räume am Vormittag möglichst aufsuchen, auch wenn sie noch nicht wieder einziehen.

Die ersten Rückkehrer wollten gestern unter sich bleiben und lehnten Auskünfte ab. Der vierstöckige Altbau beherbergt ausschließlich Eigentumswohnungen, von denen allerdings rund ein Fünftel vermietet ist. Mit den Versicherungen gibt es nach Kenntnis des Hausverwalters Hubert Figoluschka "bisher keine Probleme". Einige Reparaturen seien bereits auf Kosten der Assekuranzen ausgeführt worden. Den Gesamtschaden schätzt Figoluschka auf mindestens eine Million Mark.

Dem vermutlichen Täter Lothar Terletzki gehört eine Maisonette-Wohnung im zweiten Stock im Hinterhaus. Er soll die Explosion durch umfangreiche Manipulationen im Keller verursacht haben. Den bisherigen Ermittlungen zufolge entfernte der 57-Jährige nicht nur Muffen von der Gasleitung, sondern verlegte auch Schläuche, um das Gas direkt unter die Kellerdecke zu leiten. Dort stellte er sogar brennende Teelichter auf. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes.

Als mögliches Motiv des Gesuchten gilt ein lautstarker Streit mit seiner unverletzt gebliebenen Ehefrau in der Nacht vor der Explosion um sechs Uhr früh.

Außerdem könnte ein Rechtsstreit mit der Hausverwaltung, bei dem es um die relativ geringe Summe von 2500 Mark ging, zu der Tat geführt haben. Die Polizei hat ein Zielfahndungskommando auf Terletzki angesetzt. Sie schließt aber auch nicht aus, dass er sich das Leben nahm. Bisher fand man nur sein Auto, das in der nahen Zillestraße parkte. Zu den anderen Hausbewohnern hatte Terletzki kaum Kontakt. Nachbarn beschrieben ihn kurz nach der Explosion als "muffeligen" Eigenbrötler, der ganz zurückgezogen lebte.

Bei der schwersten Gasexplosion in Berlin starben im August 1998 an der Steglitzer Lepsiusstraße sieben Menschen. Auch dort wurden Manipulationen als Ursache ermittelt; als mutmaßlicher Täter gilt ein 13-Jähriger, der selber ums Leben kam.

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