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Ein Schild mit den Stationen eines aus Rumänien eingetroffenen Reisebusses.

© dpa

Rumänische Zuwanderin in Berlin: "Alle freuen sich über Fachkräfte? Das will ich sehen!"

Als unsere Autorin von Bukarest nach Berlin übersiedelte, war sie voller Hoffnung: Als Juristin mit perfekten Deutschkenntnissen würde sie in der Weltstadt schon Fuß fassen können, dachte sie. Doch als hoch qualifizierte Fachkraft aus Osteuropa erlebt man hier so manche Diskriminierung.

Hätte ich meinen Freund nicht eher kennenlernen können? Als ich noch in Deutschland studierte? Als wir uns auf einer Hochzeit in Siebenbürgen trafen, lebten wir schon wieder in verschiedenen Ländern: er in Deutschland, ich in Rumänien. Wer sollte nun Job, Familie und Freunde hinter sich lassen?

Okay, ich sprach bereits seine Muttersprache fließend, er meine fast gar nicht; ich hatte eine doppelte juristische Ausbildung in beiden Ländern. Und dann war da ja noch die Weltstadt Berlin, in der er lebte: Als Akademikerin dürfte es dort nicht allzu schwer sein, einen Job zu finden. Dachten wir ganz naiv – und planten meinen Umzug für den Juni 2013.

Es soll in Rumänien Leute geben, die ihr Heimatland schön finden!

Wenn jetzt alle über die Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien diskutieren, möchte ich Überraschendes verraten: Es soll dort Leute geben, die ihr Heimatland sehr schön finden und glücklich sind. Bei einer Massage in Berlin wurde ich gefragt, ob ich umgezogen sei, weil es so schlimm war. Ahh! Ich habe zwar ganz gut trainiert, auf solche Sprüche elegant zu antworten. Aber die Fragen gehen mir schon noch auf die Nerven. Vielleicht sollte ich doch mal so reagieren: „Klar, da leben wir doch alle auf dem Baum, haben nichts zu essen; von Fernsehern träumen wir nur; wir wandern aus, da geht gar nichts mehr.“

Nun bin ich jemand, der so deutsch ausgebildet wurde, wie es kaum deutscher geht. Rumänische Eltern, die sich überlegen: Das Kind könnte eine schöne, aber schwierige Sprache von klein auf lernen – also deutscher Kindergarten, deutsche Schule, doppeltes Jurastudium in Cluj-Napoca und Heidelberg. Nach Abschluss beider Studien kehrte ich – man glaubt es kaum – nach Rumänien zurück und arbeitete in Bukarest im Europaministerium.

Dann kam der Umzug nach Berlin. Ich ging zur Arbeitsagentur, um Formalien zu klären. Dort wusste man nicht, dass rumänische Akademiker bereits seit Anfang 2012 keine Arbeitserlaubnis mehr beantragen müssen. Ich redete als Europarechtlerin auf sie ein – erfolglos. Erst etwas anderes überzeugte sie: die Bestätigung durch eine Google-Suchanfrage. War ich denn die erste rumänische Staatsbürgerin in Berlin? Nur mit der freiwilligen Krankenversicherung klappte es bei mir gut. Wenn es ums Geldeinsammeln geht, läuft ja auf der ganzen Welt alles reibungslos.

Mobilfunkvertrag? Keine Chance!

Nächster Halt: Berlin. Doch die europäische Freizügigkeit funktioniert vielleicht im Fernbusverkehr. Arbeitnehmern hilft oft nicht einmal eine gute Ausbildung.
Nächster Halt: Berlin. Doch die europäische Freizügigkeit funktioniert vielleicht im Fernbusverkehr. Arbeitnehmern hilft oft nicht einmal eine gute Ausbildung.

© dpa

Die nächste besondere Erfahrung als Osteuropäerin: Versuche nie, einen Handyvertrag abzuschließen! Ich war in diversen Läden, erfüllte alle Anforderungen: Berliner Adresse, Geld auf dem Konto, keinen Schufa-Eintrag. Immer kam die Meldung: „Ein Vertrag ist nicht möglich. Bieten Sie dem Kunden Prepaidprodukte an.“ Ein freundlicher Mitarbeiter verriet mir dann, dass die Mobilfunkanbieter keine Verträge mit Menschen aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks abschließen wollen. Es hätte zu oft Probleme gegeben. Na super, welche Probleme rechtfertigen es denn, alle in einen Topf zu schmeißen?

Berlin scheint auf gut ausgebildete Zuwanderer nicht vorbereitet

Meine Job-Bewerbungen, die noch im Briefkopf mit rumänischer Adresse versehen waren, hätte ich mir gleich sparen können. Aber auch mit Berliner Adresse ist es bis heute schwierig: Es scheint, als sei Berlin auf gut ausgebildete Zuwanderer nicht wirklich vorbereitet, als scheuten die Arbeitgeber das Experiment mit jemandem, der nicht alle klassischen deutschen Ausbildungsschritte nachweisen kann. Ich bin, so scheint es, stets entweder unter- oder überqualifiziert.

Dabei betonen doch jetzt immer alle, wie sehr sie sich über gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland freuen. Nun, ich will’s sehen! Und – ohne dass ich mich jetzt selbst anpreisen will: Das würde alle Seiten weiterbringen. Gemischte Teams gelten doch heute als Geheimnis jedes Erfolgs. Erlauben Sie mir aber auch, nicht jeden Job annehmen zu wollen – genauso wenig wie deutsche Akademiker!

Zum Abschluss möchte ich noch eins betonen: Viele Menschen haben sich korrekt und tolerant mir gegenüber verhalten und mich in Berlin sehr herzlich willkommen geheißen. Ich fühle mich wohl hier! Und nun bin ich gespannt, wohin die aktuelle Debatte um Arbeitsmigranten führt. Ich gebe zu, manchmal denke ich auch: Vielleicht nützt sie mir ja – und alle wollen plötzlich gut ausgebildete Rumänen einstellen. Ich würde mich freuen.

Flavia Abrudan

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