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Rund um den Südstern: Die Gullys sind schon versiegelt

Rund um den Südstern in Kreuzberg beginnen die Absperrungen für den Papstbesuch. Vor der Nuntiatur wird geputzt. Viele Geschäfte in der Gegend werden wegen der rigiden Sperrungen am Donnerstag geschlossen bleiben.

So sauber war es rund um den Südstern in Kreuzberg lange nicht mehr. Gleich mehrere Fahrzeuge der Stadtreinigung drehten am Dienstag ihre Runden um den Platz und die anliegenden Straßen. Die Männer in Orange saugten das Laub und sonstigen Schmutz aus allen Gullys. Stets in Begleitung von Polizeibeamten, die das Ganze auf „Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen“, – Polizeideutsch für Bomben – durchsuchten. Danach wurden die Gullys versiegelt. Auch an der Apostolischen Nuntiatur in der Lilienthalstraße, wo der Papst während seines Besuchs am Donnerstag wohnen wird, herrschte reger Putzbetrieb: fegen, harken und Unkraut jäten. Doch so willkommen, wie es das Begrüßungsbanner gegenüber an der St.-Johannes-Basilika verheißt, ist der Heilige Vater nicht: Gegen das Plakat wurden in der Nacht Farbbeutel geworfen. Auch das Haus der Vatikan-Botschaft bekam Spritzer ab. Der Staatsschutz ermittelt deshalb.

„Wegen der umfangreichen Sperrungen sind wir die Leidtragenden“, schimpft Yesin Eren-Epple. Die Mutter zweier Kinder, die in der Lilienthalstraße lebt, hatte Pech: Weil die Straße zum Hochsicherheitsbereich gehört, durfte sie ihr Auto schon am Montag dort nicht parken. Selbst Fahrräder sind außerhalb der Sperrzone abzustellen. Sie habe den Wagen etwas weiter weg geparkt, nahe dem U-Bahnhof Südstern. „Als ich heute früh zur Arbeit wollte, war die Scheibe aufgebrochen. Mein Navi-Gerät wurde geklaut“, sagt sie. Für die rigorosen Sperrungen während des Papst-Besuchs hat sie kein Verständnis. „Ich kann dem nichts Positives abgewinnen. Es kann ja jeder seinen Glauben leben, aber nicht, wenn andere dadurch Unannehmlichkeiten haben.“ Ähnlich sieht es ein Mann, der im Reisebüro in derselben Straße arbeitet. „Warum fliegt der Papst nicht mit dem Helikopter? Könnte doch wunderbar landen drüben, auf dem Tempelhofer Feld. Dann müsste nicht die halbe Stadt lahmgelegt werden wegen der Sperrungen“, sagt er.

Das Reisebüro, der Frisörladen und weitere Geschäfte werden am Donnerstag geschlossen bleiben. Etwas anderes lohne sich nicht, sagen die Besitzer. Denn nur Anwohner kommen gegen Vorlage des Personalausweises in den Hochsicherheitsbereich. „Wenn kaum Kunden kommen, bringt das nichts“, sagt der Verkäufer des Fahrradladens am Südstern. „Wir machen dann lieber Inventur.“

Andreas Staack, Inhaber und Küchenchef des Gourmet-Restaurants „Noi Quattro“, hat seine Stammgäste per Newsletter über die Probleme informiert, am Donnerstag bei ihm essen zu gehen. Wer dennoch kommen wollte, sollte ein Menü mit klerikaler Note genießen dürfen (Jakobsmuscheln, St. Petersfisch), sich per Fax anmelden und die Reservierung samt Ausweis an der Absperrung vorzeigen. Allerdings: Bisher hat niemand vorbestellt. Und deshalb wird wohl auch das Noi Quattro zu bleiben. Was Staack ärgert: „Für den Papstbesuch gibt die katholische Kirche ein irres Geld aus. Aber die Verdienstausfälle der kleinen Geschäftsleute interessieren sie nicht.“ Polizei und Ordnungsamt hätten ihn nur wissen lassen: Wir können Ihnen nicht verbieten aufzumachen.“

Die Absperrgerätschaften lagern bereits an den Straßenkreuzungen. Donnerstagmorgen werden die „Hamburger Gitter“ aufgestellt. Dann heißt es für Anwohner und Gewerbetreibende: weg vom Fenster und nur nicht öffnen. Die umliegenden Kitas werden laut Polizei nicht geschlossen. Wer sein Kind hinbringen und abholen müsse, könne dies tun, beruhigt die Polizei verunsicherte Eltern. Allerdings ist der U-Bahnhof Südstern von Donnerstag 9 Uhr bis Freitag 11 Uhr gesperrt. Auch der Schienenersatzverkehr, der seit einiger Zeit wochentags ab 21 Uhr besteht, ändert sich: Donnerstag auf Freitag halten die Busse nicht an der Haltestelle Südstern. Fahrgäste müssen also vorher oder nachher aus- oder einsteigen, empfiehlt ein Polizeisprecher.

Turadj Rahimian, der Besitzer der Bar „Die Legende von Paula und Ben“ in der Gneisenaustraße, hat sich am Dienstag noch keine großen Gedanken über die Auswirkungen des Papst-Besuchs auf seinen Betrieb gemacht. „Ach, ich habe jetzt erst mitbekommen, dass wir auch in der Sicherheitszone liegen“, sagt er. Ein Anruf beim Neuköllner Polizeiabschnitt 55, von wo der Einsatz geleitet wird, genügt und er hat Klarheit: „Ich kann meine Bar öffnen. Die Gäste werden durchgelassen, außer, es fährt gerade eine Wagenkolonne vorbei.“ Das Auto sollten die Gäste aber besser zu Hause lassen. „Das bietet sich bei einem Bar-Besuch sowieso an“, sagt Rahimian und grinst.

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