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Berlin: Russen im Anflug?

Für den Flughafen Tempelhof tauchen immer neue Pläne und Investoren auf. Jetzt will angeblich der Gaskonzern Gazprom eine eigene City bauen

Ein Krankenhaus, neuer Dienstsitz des Innenministeriums, ein Handelszentrum, ein Museum, eine Formel-1-Rennstrecke, Kleingärten, ein Wiesenmeer oder ein Zeltplatz: Gut drei Wochen vor der richterlichen Entscheidung zur Zukunft des Flugbetriebes in Tempelhof ist völlig ungewiss, wie das Gelände und das Gebäude des Flughafens weiter genutzt werden sollen, falls die Richter der beantragten Schließung zum 31. Oktober 2007 zustimmen sollten.

Am Wochenende verkündete das Nachrichtenmagazin „Focus“, nun habe auch der russische Gaskonzern Gazprom Interesse an der innerstädtischen Anlage und wolle dort eine „Gazprom-City“ errichten. Beim Senat ist von diesem neuen Vorschlag nichts bekannt, und auch aus Moskau kam prompt ein Dementi. „Grundsätzlich ist jeder willkommen, der ein vernünftiges Konzept für die Weiternutzung hat“, sagte gestern die Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, Manuela Damianakis.

Vorbereitungen

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben will einen Wettbewerb ausschreiben, sobald feststeht, dass zumindest der Linienflugverkehr eingestellt wird. In Voruntersuchungen hat man nach Tagesspiegel-Informationen bereits festgestellt, dass sich der Gebäudekomplex wohl auch ohne Flugverkehr wirtschaftlich nutzen lässt, wenn man verschiedene Mieter oder Käufer findet. Dass das Gebäude, das heute zum großen Teil leer steht, komplett von einem Nutzer gefüllt werden könnte, gilt als unwahrscheinlich.

Das Freigelände soll nach dem Willen des Senats als Luftschneise und „Wiesenmeer“ erhalten bleiben; Neubauten soll es in kleinem Umfang nur am Rand des Geländes geben.

Interessenten

Das Bundesinnenministerium prüft gegenwärtig, ob der Berliner Dienstsitz nach Tempelhof verlegt werden kann. Das bisherige Mietgebäude in Moabit will die Behörde aufgegeben. Geplant war ein Neubau, doch der Haushaltsausschuss des Bundestages hat das Geld für die Planung eingefroren. Erst soll untersucht werden, ob auch Altbauten als Dienstsitz in Frage kommen. Und dazu gehört das Flughafengebäude. Ein Einzug dort war jedoch bereits nach der Hauptstadtentscheidung verworfen worden.

Vor wenigen Wochen hat die amerikanische Unternehmensgruppe Central European Development verkündet, sie wolle sich am Wettbewerb für eine Nachnutzung beteiligen. Geplant ist ein „ambulantes Gesundheitszentrum“, in dem im Wesentlichen gesetzlich versicherte Patienten versorgt werden sollen. Dabei ist eine „beschränkte Weiternutzung“ des Flugbetriebs vorgesehen.

Ob Gazprom sich tatsächlich für Tempelhof interessiert, lässt sich derzeit nicht sagen. Bedarf für ein weiteres Bürocenter gibt es derzeit nicht in der Stadt. So ist es bereits schwierig, Bauherren für das Gebiet um den Hauptbahnhof oder die Anschütz-Arena am Ostbahnhof zu gewinnen. Selbst am Potsdamer Platz stehen viele der vorhandenen Bauten weiter leer.

Ideen

An der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft haben Studenten ein Konzept für die Nutzung der Empfangshalle erstellt. Sie setzen dabei auf die amerikanische Vergangenheit der Anlage und schlagen vor, ein „American Center Tempelhof“ zu schaffen – mit Läden, Gastronomie und Sportmöglichkeiten. In den Geschäften sollen vor allem amerikanische Waren der höheren Preisklasse angeboten werden.

In einige Hangars könnte nach einer weiteren Idee aus der Fachhochschule das Alliierte Museum einziehen. Es befindet sich derzeit an der Clayallee in Zehlendorf, wo sich die Besucher in einem überschaubaren Rahmen halten. Tempelhof sei der ideale Standort, der auch mehr Gäste anlocken würde, sind die Verfasser der Studie überzeugt.

Utopien

Nicht ernsthaft verfolgt wurden alternative Ideen verschiedener Initiatoren für eine Nutzung des Freigeländes. Dazu gehörte auch der Vorstoß, dort eine Rennstrecke für die Formel-1-Boliden zu bauen. Auch der Vorschlag, Kleingärten zu schaffen, wurde nicht weiter verfolgt. Dies gilt auch für die Idee, dort einen zentralen Zeltplatz für Berlin-Touristen zu errichten. Denn für den Senat steht fest: Das Gelände wird zum Wiesenmeer. Bloß: Einen Bedarf für einen weiteren Park in der Stadt gibt es eigentlich auch nicht. Das haben die Planer erkannt.

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