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S-Bahn: Fahrgast-Aktion gegen Stellenabbau

Hilferuf per Flugblatt: Der Betriebsrat der Berliner S-Bahn will vom kommenden Montag an Fahrgäste gegen den geplanten Personalabzug von rund 100 Stationen mobilisieren.

Berlin (08.09.2005, 14:33 Uhr) - Bis Mittwoch wollen die S-Bahner im gesamten Netz Tausende Info-Flyer verteilen und Unterschriften gegen die Stellenstreichungen sammeln. Ein Appell an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses soll folgen.

Hintergrund der Aktion sind Planungen der S-Bahn, in den kommenden Jahren nur noch auf 21 ihrer 165 Stationen Mitarbeiter zur Zugabfertigung einzusetzen. Bisher sind nach Angaben des Betriebsrats noch 132 Bahnhöfe besetzt. Wenn der sanfte Protest nichts nutzt, droht der Betriebsrat mit Aktionen zur Fußball-WM 2006. «Wenn diese Sachen nicht auf den Tisch kommen, können wir den reibungslosen Ablauf der Weltmeisterschaft nicht garantieren», sagte der S-Bahn- Betriebsratsvorsitzende Andreas Tannhäuser. Der Tarifvertrag laufe im Juni aus.

«Wir verstehen unsere Aktion in der kommenden Woche aber zunächst als Hilferuf», betonte Tannhäuser. Nach den Terroranschlägen in Madrid und London sei der Abzug des Bahnhofspersonals ein großer Fehler der Geschäftsführung. «Die S-Bahn wird an Sicherheit verlieren, je mehr Stellen abgebaut werden», sagte Tannhäuser. Personal auf nur 21 Bahnhöfen seien kaum in der Lage, alle übrigen Stationen via Kamera im Blick zu haben und notfalls auch noch schnell einzugreifen, ergänzte Betriebsratsmitglied Heiner Wegener. Auf einigen Stationen liefen die Kamerabilder bereits heute ins Leere, hieß es weiter aus dem Betriebsrat.

Auf der Streichliste der Geschäftsführung stünden in den kommenden Monaten unter anderem die Bahnhöfe am Flughafen Schönefeld, Olympiastadion oder Bornholmer Straße. Ohne Aufsichten würden sich auch Grafitti-Schmierereien häufen, kritisierten die S-Bahner.

Neben dem Abbau der rund 650 Aufsichtsstellen wehrt sich der Betriebsrat auch gegen Stellenstreichungen in den Werkstätten und in der Verwaltung. Tannhäuser geht von einem Verlust von 1200 Mitarbeiter-Stellen in den kommenden Jahren aus. Das Unternehmen spricht von 880 Stellen und begründet die Maßnahmen mit den Sparzwängen, die durch die Kürzung der Landeszuschüsse um rund 26 Millionen Euro pro Jahr entstanden seien. «Es wird niemand entlassen», betonte S-Bahn-Sprecher Ingo Priegnitz. Den Mitarbeitern würden beispielsweise andere Stellen angeboten.

Für die Mobilisierung der Öffentlichkeit hat der Betriebsrat das Aktionsbündnis «Schützt Eure S-Bahn» ins Leben gerufen. Ihm gehören unter anderem die verkehrspolitischen Sprecher der Berliner SPD, Grünen und CDU und der Behindertenverband an. Besonders Rollstuhlfahrer fürchten, ohne Bahnhofsaufsicht nicht mehr problemlos S-Bahn fahren zu können. (tso/dpa)

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