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Berlin: S-Bahn-Jubiläum: Vor zehn Jahren wurden die Netze der BVG und der Reichsbahn an der Friedrichstraße verbunden

"Achtung Reisende! Vom 30.

"Achtung Reisende! Vom 30.06.1990 09.00 Uhr durchgehend bis zum 02.07.1990 03.30 Uhr wird der S-Bahn-Zugbetrieb der BVG zwischen Bln Friedrichstraße-Lehrter Stadtbahnhof wegen der Vorbereitungsarbeiten zum durchgehenden S-Bahnverkehr unterbrochen. Die Deutsche Reichsbahn und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bitten um Ihr Verständnis." Dieser Aushang hing vor zehn Jahren auf West-Berliner S-Bahnhöfen. Am 2. Juli 1990 ist es dann soweit: Der erste fahrplanmäßige S-Bahn-Zug seit fast 29 Jahren verlässt um 3.49 Uhr den Bahnhof Friedrichstraße Richtung West-Berlin. Damit hat diese Station ihren Status als Grenzbahnhof verloren.

Bereits Ende 1989 begannen Gespräche zwischen dem Senat, der Reichsbahn und der BVG mit dem Ziel, die durch den Mauerbau verursachten Netzlücken zu schließen. Am 1. März 1990 präsentierte der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) zusammen mit den beteiligten Verkehrsbetrieben die Planungen der Lückenschlüsse Lichtenrade-Blankenfelde, Wannsee-Potsdam, Frohnau-Hohen Neuendorf und Baumschulenweg-Köllnische Heide. Christian Morgenroth, damals Fachabteilungsleiter bei der S-Bahn der Reichsbahn, berichtet: "Die Schwierigkeit war, dass zu jener Zeit über die Währungsunion und die weitere Entwicklung an der Grenze noch nicht entschieden war. Eine Verbindung über Friedrichstraße wäre nur mit durchgehenden Zügen ohne Grenzkontrolle denkbar gewesen."

Doch die Währungsunion kam schnell und damit war schon am 2. Juli 1990 die erste Verbindung der beiden S-Bahn-Netze mit durchgehenden Zügen über den Bahnhof Friedrichstraße möglich. Auf dieser zentralen Strecke im Herzen der Stadt mussten Mitarbeiter, die aus zwei unterschiedlichen Arbeitswelten kamen, einen reibungslosen Schnellbahnbetrieb gestalten. Ein leitender BVGer erinnert sich, dass er damals die Belastung der Reichsbahner auf zentralen Bahnhöfen und Stellwerken im Osten nach BVG-Maßstäben als unvorstellbar groß empfand. Einem Reichsbahner hingegen kam die BVG wie ein "Familienbetrieb mit kleinem Arbeitsumfang" vor.

Technisch wurde an der Wiederverbindung der Stadtbahn bis zur letzten Minute gearbeitet. Der damalige Betriebsleiter der Ost-S-Bahn, Wolf-Ekkehart Matthaeus, berichtet: "Als nach Abschluss der Bauarbeiten eine Stunde vor Betriebsaufnahme der erste Probezug abfahren sollte, ließ sich das Ausfahrsignal nicht auf Fahrt stellen. Es waren bestimmte Kabeladern nicht verbunden, die unentdeckt waren. Buchstäblich fünf Minuten vor Abfahrt des ersten Zuges hatten die Techniker das Problem gelöst. Es war unser größter Stolz, den ersten Zug von Ost nach West nach so langer Zeit auf "Grün" und nicht mit einem Ersatzsignal losschicken zu können."

Morgens kurz vor 6 Uhr trafen sich die Spitzen von BVG und Reichsbahn zu einem offiziellen Akt. BVG-Direktor Konrad Lorenzen schickte um 6.11 Uhr einen mit Girlanden geschmückten Zug nach Königs Wusterhausen. Der amtierende Reichsbahn-Präsident Möller hob zehn Minuten später für einen Zug nach Wannsee die grüne Kelle. Auch in den Nord-Süd-Tunnel zog mit der Öffnung des Bahnhofs Oranienburger Straße wieder Leben ein. Zu jener Zeit hatten die ersten Rodungsarbeiten auf stillgelegten Bahntrassen bereits begonnen. 1992 war es soweit: Am 1. April ging es von Wannsee nach Potsdam, am 31. Mai von Frohnau nach Hohen Neuendorf, und am 31. August schließlich von Lichtenrade nach Blankenfelde. Das waren die ersten Stationen auf dem Weg zu einem wiedervereinigten S-Bahn-Netz. Auf das Schließen des Nordringes zwischen Westhafen und Schönhauser Allee warten die Fahrgäste allerdings immer noch.

Manuel Jacob

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