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S-Bahnnetz: Der Zug nach Gartenfelde ist längst abgefahren

Die Strecke der Siemensbahn steht vor dem endgültigen Aus. Die Bahn will die Anlagen nicht mehr haben. Der Senat ist überrascht.

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert fuhr hier keine Bahn mehr. Jetzt soll das endgültige Aus für die Siemensbahn kommen: Die ehemalige S-Bahn-Strecke von Jungfernheide nach Gartenfeld soll nun auch als Bahnanlage entwidmet werden. Den Antrag hat die Bahn gestellt – und den Senat damit überrascht. Die Berliner Verkehrsplaner wollten die Trasse erhalten, um bei Bedarf später doch wieder S-Bahnen fahren lassen zu können. Gegen die Entwidmung werde man sich wehren, kündigte die Stadtentwicklungsverwaltung an.

Sie will sich die Option offen halten, die Siemensbahn eines Tages bis zur Wasserstadt Spandau verlängern zu können. Auch als Verbindung zum Flughafen Tegel war die Strecke einst im Gespräch. Doch der Flughafen soll im Sommer 2012 geschlossen werden.

Was aus den zum großen Teil denkmalgeschützten Anlagen der Siemensbahn wird, ist noch ungewiss. Wenn die Strecke entwidmet ist, fällt sie an Siemens zurück. Bisher liegt die Strecke noch in der Obhut der Bahn AG. Der Konzern will aber nicht länger für die Kosten aufkommen, die für die Verkehrssicherheit der Anlagen, die seit Jahren verfallen, erforderlich sind.

Die 4,5 Kilometer lange Strecke von Jungfernheide nach Gartenfeld mit den Zwischenstationen Wernerwerk und Siemensstadt war 1927 bis 1929 weitgehend als Viaduktbahn auf Kosten von Siemens gebaut worden. Die Reichsbahn übernahm dann den Betrieb. Hauptaufgabe der Siemensbahn war der Zubringerverkehr der Mitarbeiter zu den ausgedehnten Werksanlagen. Von Anfang an fuhren hier die elektrischen Züge der S-Bahn. Die Strecke war voll in deren Netz integriert. Züge von Gartenfeld fuhren bis Neukölln oder Papestraße.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auch bei der Siemensbahn die Schäden beseitigt und der Betrieb wieder aufgenommen. Doch die Zahl der Fahrgäste blieb nun weit unter dem Niveau der Vorkriegszeit. Siemens beschäftigte in Berlin weniger Mitarbeiter als vor dem Krieg; auch die Hauptverwaltung zog um nach München. Zum Schluss fuhren nur noch Kurzzüge alle 20 Minuten zwischen Jungfernheide und Gartenfeld.

Nach dem Streik von West-Mitarbeitern im Jahr 1980 nahm die Reichsbahn der DDR, die auch die Strecken im Westteil der Stadt betrieb, den Verkehr auf der Siemensbahn – wie auf zahlreichen anderen Strecken auch – nicht mehr auf. Auch nachdem dann die BVG im Januar 1984 den Betrieb der S-Bahn im westlichen Teil der Stadt übernommen hatte, blieb die Siemensbahn ohne Verkehr. Der Senat hatte hier auf die U-Bahn gesetzt und die U 7 nach Spandau verlängert. Siemens hatte sich damals für eine Entwidmung und Rückübertragung der Bahntrasse eingesetzt, um so seine möglichen Betriebsflächen erweitern zu können

Selbst nach der Wende 1989/90 hatte die Siemensbahn keine Zukunft mehr. Sie fehlte im Wiederaufbauprogramm der Bundesregierung für das Gesamtnetz, obwohl es Ziel war, das Netz so aufzubauen, wie es bis zur Trennung durch den Mauerbau 1961 vorhanden war.

Siemens und die Bahn wollen jetzt gemeinsam eine Nachnutzung für die Anlagen entwickeln, heißt es in beiden Unternehmen. Der vorhandene Denkmalschutz garantiert dabei keinen Bestand für die zum Teil markanten Brückenkonstruktionen oder Bahnhöfe. Ist die Strecke als Bahnanlage entwidmet, könne auch der Denkmalschutz entfallen, heißt es beim Landeskonservator.

Eine Verbindung zum Netz der S-Bahn gibt es ebenfalls schon seit Jahren nicht mehr. Die Brücken über die Spree beim Abzweig Jungfernheide und der Bahndamm bis zum Siemens-Gelände sind für den Neubau der Schleuse Charlottenburg abgerissen worden. Dabei hatte der Senat mit dem Bund vereinbart, dass die Brücken wieder errichtet werden müssen, falls die Siemensbahn wieder in Betrieb gehen sollte. Diese Chance sollte damals nicht aufgegeben werden.

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