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Berlin: Saddams Abgesandter zeigt sich glücklich

Iraks Geschäftsträger Muayad Hussian arbeitet zunächst weiter

IRAK-KRIEG: REAKTIONEN IN BERLIN

Irgendjemand hat neben das Tor der irakischen Botschaft ein Friedhofslicht gestellt, umgeben von einem Kranz weißer Plastikblumen. Weiß – im Orient die Trauerfarbe. Sonst zeugt an der Botschaft in Zehlendorf nichts von dem Krieg, der in der Heimat des Botschaftspersonal wütet, nichts auch von dem Verschwinden der Regierung, die hier vertreten wurde. Die irakische Fahne flappt in voller Höhe am Mast, die Botschaft ist besetzt und arbeitet: Bürozeiten 9 - 14 Uhr, Konsulat 9 - 12, wie ein Schild neben dem Eingang informiert. Die Polizei hat den Schutz der Gründerzeitvilla sicherheitshalber verstärkt; ein Beamter mit Maschinenpistole schiebt Wache. Doch die Riemeisterstraße ist still wie immer.

Auch der irakische Vertreter in Berlin erwartet keine Proteste von Exil-Irakern vor seinem Haus. Muayad Hussian ist der irakische Geschäftsträger in Berlin – ein Botschafter residiert hier nicht mehr, seit Deutschland und Irak ihre Vertreter dieser Rangstufe beim letzten Golfkrieg 1991 wechselseitig abgezogen haben. Er sei „glücklich“ über die Situation in seiner Heimat, sagte Hussian dem Fernsehmagazin „Kontraste“. Er halte den Krieg für beendet. Die Probleme in seiner Heimat müssten nun allerdings von den Irakern selbst gelöst werden, forderte Hussian.

Zumindest mit dieser Aussage dürfte der irakische Vertreter für die Mehrheit seiner Landsleute sprechen. Er befindet er sich ja in einer diplomatisch misslichen Situation: Die Regierung, die ihn im Sommer nach Berlin beorderte, existiert nicht mehr. Und schon seit zwei Wochen, so sagte er, habe er keinen Kontakt mehr zu offiziellen Stellen in Bagdad. Vor dem Krieg hatte sich Hussian noch als strammer Verfechter des Regimes von Saddam Hussein gezeigt.

Von deutscher Seite wenigstens droht dem Diplomaten kein Ungemach. Er gilt nach internationalem Recht nicht als Vertreter einer bestimmten Regierung, sondern eines Staates, und genießt als solcher diplomatische Immunität. Nur bei Missbrauch dieses Status – etwa durch geheimdienstliche Tätigkeiten – könnte ihn die Bundesregierung ausweisen. Dies sei aber derzeit nicht geplant, hieß es gestern im Auswärtigen Amt.

Ob und wann Hussian Berlin verlässt, ist daher unklar. Es wird wohl vom Zeitpunkt der Bildung einer neuen irakischen Regierung abhängen. Bis dahin vertritt er den Irak. Der Botschafter Afghanistans in Berlin zum Beispiel, der während der Herrschaft der Taliban im Amt war – vertrat gar nicht diese, sondern die von der UNO und Deutschland anerkannte Vorgänger-Regierung des Präsidenten Rabbani.

Holger Wild

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