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Berlin: Salon auf hoher See

Von der Kreuzfahrt zum Wagner-Festival: Moritz Rinke las aus seinen Reportagen

Es waren keine 22 000 Eier wie auf dem Kreuzfahrtschiff „Aida“, sondern nur 500, die am Mittwoch für die Lesung von Moritz Rinke verarbeitet wurden. Die Tagesspiegel-Veranstaltung „Zeitung im Salon“ im Meistersaal an der Köthener Straße in Kreuzberg stand kulinarisch im Zeichen seiner Fahrt mit dem Schiff. Als Vorspeise servierte „eßkultur“ eine Meeresfrüchte-Suppe, zwischen Lesung und Gespräch gab es Eiersalat und für den Heimweg Muschel-Pralinen.

Aus seinem Band „Das große Stolpern – Erinnerungen an die Gegenwart“ (Kiepenheuer & Witsch) stellte Moritz Rinke neben der Aida-Geschichte eine Reportage über seine Erfahrungen in Bayreuth vor. Seine erste Reise in die Wagner-Stadt führte ihn nicht nur ins Festspielhaus, sondern auch in einen Erotikshop und zu Eduscho.

Zwei Reportagen handelten von seinen Zufallsbegegnungen mit Prominenten. Im Flugzeug begegnete er Dolly Buster, die ihn zwischen Stuttgart und Berlin durch wetterbedingte Turbulenzen rettete. Otto Schily hinterließ seinen Fußabdruck auf Rinkes linkem Turnschuh, was den Autor zum Nachdenken über die deutschen Anti-Terror-Gesetze anregte. „Die Geschichten gehen von Wirklichkeitsbeobachtungen aus, die zum Schluss oft ins Unglaubliche kippen“, sagte Peter von Becker, Kultur-Autor des Tagesspiegel und Moderator des Abends, im anschließenden Gespräch. Seine Reportagen brachten Rinke indes nicht nur Sympathien ein. Sowohl auf der Aida als auch in Bayreuth ist er kein gern gesehener Gast mehr.

„Ich gehe unbefangen an die Themen heran und schreibe oft über Dinge, von denen ich keinen Schimmer habe“, sagt er. Hauptsächlich schreibt Moritz Rinke momentan fürs Theater. So ist er im Feuilleton nicht nur Schreiber, sondern auch Beschriebener. Zeitunglesen ist für ihn ein festes Ritual. „Ich brauche dieses Papier, das man morgens am Frühstückstisch mit Marmelade beschmiert und aus Versehen in den Kaffee tunkt.“

Für Tagesspiegel-Leser Frank Chen war es nicht der erste Zeitungssalon. „Ich mag diese Kombination aus Lesung und kulinarischer Unterhaltung“, sagt er. In den Reportagen von Moritz Rinke liest er zu Hause weiter. Dazu hat er sich sein Buch gekauft. jj

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