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Sanierung: City-West wächst in den Himmel

Das Luxushotel ragt fast 120 Meter hoch, auch das Bikini-Haus wird nun komplett saniert und die Gedächtniskirche verschwindet zwei Jahre hinter silbernen Aluminium-Platten: Wie sich die City-West verändert.

Das war schon mal ein Anfangserfolg: Das Drängen und Drücken der Fotografen im ersten Stock der Budapester Straße 42 erinnerte an die großen Zeiten der City-West. Damals wurde vor dem Zoo-Palast öfter mal der rote Teppich für Stars und Sternchen ausgerollt, die später in die „Paris Bar“ essen und dann in den „Dschungel“ feiern gingen. Das war, bevor die Filmfestspiele zum Potsdamer Platz zogen, der Bahnhof Zoo zum Regionalbahnhof herabgestuft und die Clubs in Mitte die City-West wie eine ferne Erinnerung erblassen ließen.

Die Stars, um die sich die Fotografen am Montag bei der Vorstellung des Sanierungspläne für das Bikini-Haus am Rand des Breitscheidplatzes scharten, waren Barbara Becker-Quinze, besser bekannt als Ex-Ehefrau von Boris Becker – und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Beckers derzeitiger Ehemann, Arne Quinze, ist Künstler und Architekt und verhilft dem alten Westen zu neuem Glanz: Wowereit aber kam wohl wegen „meinem Freund Arne“, wegen des namhaften Investors, einer Tochter des Münchener Brauerei-Multis Schörghuber und vielleicht auch wegen der wichtigen Wähler im Westen.

Die können sich über einen städtebaulichen Facelift freuen, der den Breitscheidplatz und sein Umfeld bis 2012 in eine Großbaustelle verwandelt. Wer aber danach fragt, dem antwortet der Regierende so: „Das Geheimnis wie man baut, ohne dass jemand beeinträchtigt wird, habe ich auch noch nicht entschlüsselt.“ Wichtig für Wowereit sind: „Esprit und Gestaltungskraft“ in den Plänen der Bayerischen Bau- und Immobiliengruppe, die „Furore“, die Arne Quinze „mit Kunst in Verbindung zu Architektur“ mache. Daher sei der „Dornröschenschlaf“ des Bikini-Hauses nun beendet. Und es bestehe der Anspruch, „Einmaliges“ in der Republik zu schaffen – mit dem sich Berlin „weltweit sehen lassen kann“.

Und das sieht so aus: Eine 7000 Quadratmeter lange Dachterrasse hinter dem denkmalgeschützten „Bikini-Haus“ wird angelegt, es gibt Penthäuser auf dem Dach, Läden für die viel gelobten, aber wenig umsetzenden Berliner Designer und Modemacher, ein Hotel sowie Büroflächen. Rund 100 Millionen Euro kostet der Umbau, sagte der Chef der Bayerischen Bau- und Immobiliengruppe Jürgen Büllesbach. Die Baugenehmigung komme wohl im August. Im Herbst 2012 möchte man das Ensemble eröffnen. Einen neuen Namen bekommt das, was einst Bikini-Haus und später Zoo-Bogen hieß, dann auch: „Bikini Berlin – lebe anders“.

November 2012 ist auch der Termin, zu dem Architekt Gerhard Schlotter die Sanierung der Gedächtniskirche abschließen möchte. Zunächst verschwindet das Baudenkmal vollständig hinter einer zweiten Haut aus Aluminium. Das soll nicht nur die Passanten vor Staub und Steinsplittern schützen, sondern auch die Restauratoren selbst vor Wind und Wetter. Werbung, wie vor einigen Jahren als Claudia Schiffers Konterfei von dem eingerüsteten Turm prangte, wird es nicht geben. Dafür gibt es eine gute Nachricht für die Besucher des Baudenkmals: Nach Abschluss der Arbeiten soll die Empore im Turm, auf der einst die Orgel stand, für Besucher geöffnet werden. Von dort aus kann der Blick ins Innere der Ruine oder aber über die City-West schweifen.

Die ersten Besucher werden frühestens in zwei Jahren die Empore besteigen. Zunächst muss die Baustelle eingerichtet werden, was Schlotter „hochkompliziert“ nennt, vor allem wegen den Lastwagen und Lieferfahrzeuge, die zwischen Berufsverkehr und Besucherströmen durchgelotst werden müssen. Außerdem verlangt der Bauherr der 4,2 Millionen Euro teuren Sanierung, dass der Budenzauber am Fuße des Turms und der Weihnachtsmarkt nicht durch die Sanierung beeinträchtigt werden.

Deshalb wird nun die Standspur am Breitscheidplatz zur Einfahrtschneise der Baufahrzeuge. Von dort laden sie ihre Sandsteine und Werkzeuge in einen Lastenaufzug, der alles auf die Baustelle befördert. Diese wird in gewisser Weise auf einer neuen „Belle-Etage“ des Breitscheidplatzes angelegt: in luftigen fünf Metern Höhe. Auf diese Weise sollen sich die Restauratoren und Steinmetze nicht mit den Tiefbauern in die Quere kommen, die die Tunnel der U-Bahn abdichten. Deren „wandernde Baustelle“ dürfte den Rand des Platzes ebenfalls im kommenden Jahr erreichen. Und dann wird oben und unten zur gleichen Zeit gehämmert und gemeißelt.

Dagegen wird die Sanierung der Gedächtniskirche das Baugeschehen auf der anderen Seite des Platzes kaum beeinträchtigen: Dort wächst das Zoofenster in den Himmel über Berlin, 119 Meter sollen bis zum Richtfest Ende August stehen. Bis Ende 2011 wird gebaut. Und wenn das Luxushotel Waldorf-Astoria die ersten Gäste der 242 Zimmer begrüßt, werden die Bauarbeiten am Bikini-Haus und der Gedächtniskirche auf Hochtouren laufen. Und vielleicht wird dann gerade eine weitere Großbaustelle eingerichtet: für das geplante zweite Hochhaus gegenüber vom Zoofenster.

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