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Berlin: Sanierung: Mit Vollschutz im Olympiastadion

Eine weite Strecke des Unterrings besteht aus märkischem Sand, Bagger schaufeln sich wie durch eine Dünenlandschaft. Im Oberring klafft eine Lücke in den Sitzreihen, Bauarbeiter im weißen Astronautenanzug mit Atemschutzgeräten reißen PCB-belastete Betonstufen ab.

Eine weite Strecke des Unterrings besteht aus märkischem Sand, Bagger schaufeln sich wie durch eine Dünenlandschaft. Im Oberring klafft eine Lücke in den Sitzreihen, Bauarbeiter im weißen Astronautenanzug mit Atemschutzgeräten reißen PCB-belastete Betonstufen ab. Es staubt in den Katakomben, wo Betonpfeiler und Fundamente für Kühl- und Lagerräume eingesetzt werden, aber dieser Staub ist nicht so tückisch. Über dem Rasen ist die Luft rein, es riecht frisch gemäht. Doch das Grün darf mit normalen Straßenschuhen nicht betreten werden, was nichts mit der Sanierung, sondern mit Pilzsporen zu tun hat, die übertragen werden könnten. Und Pilze dürfen im Rund des Olympiastadions nicht wachsen.

Alltag in der Arena: Die Firma Walter-Bau, die das Bauwerk bis 2004 fußballweltmeisterschaftstauglich machen will, lud gestern zum Ortstermin, um zu versichern, dass alles reibungslos läuft. Seit Anfang Oktober zumindest, denn vorher war fast vier Monate lang im Innenbereich des Stadions Pause, nachdem im Bauschutt abgerissener Stufen überraschend das Krebs erregende PCB entdeckt worden war. Das Land Berlin und die Firma Walter-Bau stritten sich darum, wer für die Mehrkosten zuständig ist, bis sich Berlin bereit erklärte, erst einmal zu zahlen und eine gerichtliche Überprüfung abzuwarten. Genau 473 Millionen Mark sollte der überwiegend vom Bund finanzierte Umbau kosten, nun kommen zehn bis zwölf Millionen Mark hinzu.

Der neue Unterring ist zu 30 bis 35 Prozent fertiggestellt, für die neuen unteren Reihen muss noch das Erdreich aufgebaggert werden. Der Oberring ist zu fast zehn Prozent erneuert. Mit den Behörden wurden "Beschleunigungsmaßnahmen" entwickelt, um die nächsten Fixtermine im Sommer 2002 mit den DFB-Pokalfinale und der Spielfeldabsenkung zu erreichen.

Statt 180 Bauarbeiter sind nun 260 beschäftigt, die Schichtzeiten wurden auf 12 bis 14 Stunden verlängert, und auch der Sonnabend ist jetzt Arbeitstag. Die Bauleute werden regelmäßig kontrolliert, es gibt Messstationen, die Behörden prüfen regelmäßig, und Alexander Görbing von Walter-Bau stellt zufrieden fest, dass man bislang "nicht mal eine gelbe Karte erhalten" habe.

Im Unterring reißen Arbeiter die Betonstufen und den Unterbau in großen Stücken ab, verladen sie auf Lastwagen, die sie in eine thermische Behandlungsanlage bringen. Vom Sand unterhalb der Betonstufen muss eine Schicht von 50 Zentimetern abgetragen und dann in eine Bodenwaschanlage gebracht werden. Auf dem Oberring bohren Bauleute in die Tribünenstufen Befestigungspunkte, der Beton wird von Hochbaukränen in Container verladen und später ebenfalls thermisch behandelt. Die Abbruch-Baustellen sind gekennzeichnet in schwarze und weiße Bereiche, die schwarzen sind besonders gefährlich und dürfen nur mit "Vollschutz" betreten werden.

Besonders im Unterring wird während der Abbrucharbeiten Wasser versprüht, um zu verhindern, dass sich Staub ausbreitet. Fahrzeuge, die durchs Stadion rollen, müssen gereinigt werden. Die Bagger verfügen über eine Kabine mit Unterdruck. Die Fahrer atmen gefiltert.

C. v. L.

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