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Berlin: Sarrazin: Diepgen verantwortlich für Berlins Schuldenberg Zu schnellem Abbau der Berlin-Förderung voreilig zugestimmt

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) persönlich dafür verantwortlich gemacht, dass nach dem Mauerfall die Bundeshilfe für Berlin in wenigen Jahren völlig abgebaut wurde. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sei damals bereit gewesen, „der Stadt überparteilich zu helfen.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) persönlich dafür verantwortlich gemacht, dass nach dem Mauerfall die Bundeshilfe für Berlin in wenigen Jahren völlig abgebaut wurde. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sei damals bereit gewesen, „der Stadt überparteilich zu helfen.“ Diepgen und der damalige Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) hätten sich aber mit den Kürzungsplänen der Kohl-Regierung einverstanden erklärt und in nichtöffentlicher Ausschussitzung gesagt, „Berlin könne damit leben.“ Er kenne mehrere „Zeitzeugen“, die diesen Vorgang bestätigt hätten, sagte Sarrazin während einer Veranstaltung des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).

Noch in den Jahren 1990/91 habe der Berliner Senat alle Möglichkeiten in der Hand gehabt, einen Landeshaushalt zu gestalten wie Sachsen oder Thüringen. Die danach folgende Entwicklung, die bis 2020 zu einem gigantischen Schuldenberg von 180 Milliarden Euro führen würde, „wenn wir weiterhin nichts tun“, habe Berlin selbst zu verantworten, kritisierte Finanzsenator Thilo Sarrazin. „Dann drehen uns irgendwann die Banken den Geldhahn zu.“

Schon jetzt müsse das Land Berlin höhere Zinsen zahlen als andere Bundesländer, weil es von den Kreditinstituten schlecher eingestuft werde. Leider fänden die meisten Bürger die Diskussion über die Finanzlage der Stadt „überhaupt nicht sexy“, und ihm selbst werde vorgeworfen, Berlin herunterzureden, bemerkte der Finanzsenator nachdenklich. Für den Umgang mit dieser Stimmungslage habe er auch noch kein richtiges Konzept. „Offenbar muss der Handlungsdruck noch größer und Berlin richtig durcheinandergewirbelt werden.“

Die eingeladenen Wissenschaftler stellten sich hinter den radikalen Sparkurs Sarrazins. „Die Zahlen sprechen für sich“, sagte der Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Dieter Vesper. Kai Konrad vom Wissenschaftszentrum kritisierte die zahlreichen politischen Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre, sei es bei der Wohnungsbauförderung oder bei der Bankgesellschaft.

„Wie konnte man nur Edzard Reuter, den damals größten Kapitalvernichter der Republik, zum Aufsichtsratvorsitzenden des Bankenkonzerns machen?“ Auch der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Werner Jann von der Universität Potsdam nannte die Haushaltsprobleme Berlins weitgehend hausgemacht. An einem radikalen Kurswechsel führe kein Weg vorbei. „Schließlich ist auch die DDR an Realitätsverweigerung ökonomisch zugrunde gegangen.“

Jann forderte, alle zur Verfügung stehenden Mittel gleichzeitig einzusetzen: „Kürzungen mit dem Rasenmäher, politische Schwerpunktsetzungen, Aufgabenkritik, Leistungsvergleiche mit anderen Städten und Ländern, Kostentransparenz auf allen Ebenen.“ Die Berliner seien, in Ost und West, durch die staatliche Subventionspolitik vierzig Jahre lang „drogenabhängig erzogen“ worden. Da helfe nur eine harte, kontroverse öffentliche Diskussion über den Sparkurs und ein positives politisches Leitbild für die Stadt. Ulrich Zawatka-Gerlach

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