zum Hauptinhalt

Berlin: Sarrazin: Spät kürzen ist teurer als schnell handeln

Der Nachtragsetat 2003 ist beschlossen. Der Finanzsenator fordert für die nächsten Jahre radikale Entscheidungen und lobt den Steuerkompromiss im Bundesrat

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Thilo Sarrazin hat den steuerpolitischen Kompromiss zwischen SPD und CDU im Bundesrat als „Schritt in die richtige Richtung“ gelobt. Die zu erwartenden Mehreinnahmen bei den Steuern von 4,4 Milliarden Euro lösten aber die Probleme der Länder nicht. „Riesige Einnahmelücken bleiben.“ Bundesweit fehlten in den öffentlichen Kassen 45 Milliarden Euro, davon allein im Berliner Landeshaushalt eine Milliarde Euro aus Steuereinnahmen.

Sarrazin gab zu bedenken: Die Steuerausfälle seien zwar „ein ganz eigenes Drama“, aber nicht ursächlich für die Finanzprobleme des Landes Berlin. In seiner Rede zum Nachtragsetat 2003, der gestern vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, blieb er bei seiner These, dass die Haushaltskrise in der Hauptstadt „eine Ausgabenkrise“ ist. Erst die übermäßigen öffentlichen Ausgaben hätten die Schulden verursacht, unter deren steigender Zinslast Berlin ächze „und deren weiterer Anstieg uns die Luft abzuschnüren droht“.

Dem Land Berlin sei es bisher nicht gelungen, überhöhte Ausgaben merklich abzubauen, stellte der Finanzsenator vor dem Parlament kritisch fest. Er mahnte eine „nachhaltige Finanzpolitik“ an. Dies sei erreicht, wenn die laufenden Ausgaben – einschließlich der Zinskosten – durch die laufenden Einnahmen dauerhaft finanziert werden könnten. Wann dies in Berlin der Fall sein wird, sagte Sarrazin nicht. Für den Doppelhaushalt 2004/05, der vom Senat vor der Sommerpause vorgelegt wird, forderte der Senator „radikale Entscheidungen“.

Auch eine mit Energie betriebene Konsolidierung sei ein mehrjähriger Prozess, der aber um so leichter falle, je mehr durchgreifende Sparbeschlüsse gleich am Anfang gefasst würden, stellte Sarrazin in seiner Rede fest. Späteres Ausgabenkürzen sei unvergleichlich teurer als schnelles Handeln. Der Senator sieht sich in dieser These durch hunderte von langfristigen Modellrechnungen für den Landeshaushalt bestätigt, „durch die ich in den letzten Monaten gewatet bin“. An Ideen habe er persönlich keinen Mangel. „Wie alle wissen, die mich kennen.“ Aber am Ende müsse gemeinsam entschieden werden, so Sarrazin.

Die Redner der Regierungsfraktionen beeilten sich in der gestrigen Haushaltsdebatte, Entschlossenheit zum Sparen zu zeigen. Der nächste Doppelhaushalt sei die eigentliche Herausforderung, sagte die Hauptausschussvorsitzende Helga Dunger-Löper (SPD) gleich zu Beginn. Auch ihre Fraktionskollegin, die SPD-Haushälterin Iris Spranger, kündigte an: „Wir werden uns Ziele setzen, die der Zukunft der Stadt gut tun.“ Carl Wechselberg, der haushaltspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, wollte nicht hintenan stehen. „Wir müssen ran an die Berliner Hausaufgaben.“ Es sei ja auch schon einiges geschehen: Reform der Hochschulkliniken, Öffnung der Beamtenbesoldung, Stopp der Anschlussförderung, Gründung eines Immobilienmanagements, Vorbereitung einer One-Stop-Agency für die private Wirtschaft – und die geplante Klage gegen den Bund vor dem Karlsruher Verfassungsgericht sei schließlich auch eine wichtige Strukturentscheidung. Der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr, der gestern beschlossen wurde, sieht Steuereinnahmen von 7,9 Milliarden Euro vor. Aus dem Finanzausgleich fließen 3,2 Milliarden Euro in die Landeskasse. Einnahmen aus dem Verkauf von Landesvermögen werden nur noch in Höhe von 304 Millionen Euro erwartet. Die Personalausgaben liegen bei 7,1 Milliarden Euro, die Sachausgaben bei 9,4 Milliarden Euro und die Investitionen bei 1,85 Milliarden Euro. Für Zinsausgaben werden 2,4 Milliarden Euro eingeplant. Die Neuverschuldung beträgt 4,3 Milliarden Euro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false