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Bei Philip Thinius, Marie Schütz und Alexander Lätsch kann jeder vorbeikommen und alte Zahnbürsten, Zahnpastatuben, leere Stifte und eben Zigarettenstummel vorbeibringen und sicher sein, dass sie zu 100% wiederverwertet werden.

© Karim El-Helaifi

Gemeinsame Sache in Berlin-Mitte 2014: Aus Zigarettenstummeln kann man einiges machen

Auch in Mitte geht der Aktionstag Saubere Sache in die dritte Runde. Verfolgen Sie auf unserer Themenseite, wie die Anwohner ihren Bezirk verschönern. Bei "TerraCycle" in Wedding werden alte Gegenstände, die man vorbeibringt, zu 100 Prozent wiederverwertet.

Drei junge Umweltaktivisten stehen im Hinterhof des Carrée Seestraße in Wedding und rauchen ihre Pausenzigarette. Doch der übrig bleibende Stummel landet nicht im Mülleimer, und auch nicht auf dem Boden. „Wenn wir ihn in den normalen Mülleimer werfen, wird er verbrannt, weil das Recycling teurer ist, als das Endprodukt Wert besitzt.“, sagt Marie Schütz. Philip Thinius, Marie Schütz und Alexander Lätsch arbeiten für „TerraCycle“. Hier kann zur Aktion „Saubere Sache“ jeder vorbeikommen und alte Zahnbürsten, Zahnpastatuben, leere Stifte und eben Zigarettenstummel vorbeibringen und sicher sein, dass sie zu 100 Prozent wiederverwertet werden.

Diese Philosophie kann man auch in jedem Winkel ihres Büros wiederfinden: Schreibtische aus alten Türen, Lampenschirme aus Verpackungsmaterial und ein Vorhang aus Plastikflaschen. Das Recycling-Unternehmen zieht die großen Unternehmen wie Colgate, BiC und Philip Morris in die Verantwortung das Recycling dieser Abfälle selbst zu finanzieren. Wer bei den Sammelaktionen mitmacht erhält für jede Abfalleinheit zwei Cent, die an eine gemeinnützige Organisation gespendet wird.

Sauber spielen in Moabit

Im letzten Jahr wucherte das Grün bis auf die Sandfläche, heute ist wieder Platz zum Spielen.
Im letzten Jahr wucherte das Grün bis auf die Sandfläche, heute ist wieder Platz zum Spielen.

© Karim El-Helaifi

In der Quitzowstraße in Moabit liegt der beliebte Schneckenspielplatz. Doch oft lagert hier Müll, wuchert Unkraut. „Letztes Jahr wuchsen die Büsche bis zu zwei Meter in den Sand hinein. Die haben wir alle abgeschnitten“, sagt Susanne Weidler. Sie arbeitet für den Kinderladen „Stoppelhopser“ und wird auch bei der Putzaktion von Eltern unterstützt. „Wenn wir Eltern das machen, wissen wir, was hier so an Müll herumliegt“, sagt Eva Schmidpeter, eine Mutter – „und dass hier nichts Schlimmes dabei ist.“

Himmelbeet Wedding

Ein Himmelbeet. Mitten in Wedding.
Ein Himmelbeet. Mitten in Wedding.

© Jessica Tomala

Beim interkulturellen Gartenprojekt „Himmelbeet“ ist der große Helferansturm diesmal leider ausgeblieben. „Das liegt wohl am schlechten Wetter“, sagt die Ehrenamtliche Ilka Steinbrück. „Wir pflanzen aber trotzdem vor dem Eingang noch einige Blumen und befreien den Grünstreifen vom Unkraut.“ Zum Seedball-Workshop kamen fünf Besucher. Anja Manzke zeigte ihnen, wie sie die Samenbomben, eine kleine Erdkugel mit verschiedenen Pflanzensamen, selber machen können. Im Garten wird Mini-Golf gespielt. Eine kostenlose Aktion, die im Rahmen des Weddinger Kulturfestivals stattfindet.

Das Beste ist die Gemeinschaft (Tageszentrum "Wiese 30")

Von Müll befreit ist das Ufer der Panke zwischen Wiesentrasse und Pankstraße seit Freitag.
Von Müll befreit ist das Ufer der Panke zwischen Wiesentrasse und Pankstraße seit Freitag.

© Karim El-Helaifi

Ohne sie wären die Wege am Ufer der Panke zwischen Wiesentrasse und Pankstraße zugemüllt und mit Unkraut vollgewuchert. Die Klienten des Tageszentrums „Wiese 30“ für psychisch Kranke putzen, pflanzen und pflegen seit vier Jahren für ihren Kiez. Denn der hat nicht das Geld, um sich selbst darum zu kümmern. Die Sozialarbeiterin Katrin Schäfer möchte am Aktionstag „Saubere Sache“ ganz besonders viele Helfer aus der Nachbarschaft motivieren, gemeinsam für Sauberkeit und Wohlbefinden an der Panke zu sorgen. Es wird Unkraut gejätet und Stauden gepflanzt.

Was das Beste daran ist? „Die Gemeinschaft!“, sagen die Klienten. Denn viele von ihnen sind vereinsamt. Die gemeinsame Aufgabe bringt sie nicht nur als Gruppe zusammen, sondern auch mit den Anwohnern, die oft Berührungsängste haben. Doch die freuen sich natürlich, wenn das Ufer der Panke von Müll befreit ist. „Manchmal finden wir hier sogar Möbel.“, sagt Katrin Schäfer. Doch leider werden die Stauden immer wieder ausgebuddelt, sodass das Tageszentrum froh über jede Blumenspende ist, die dann von seinen Klienten gepflanzt werden kann.

"Graffiti Frei" (Olof-Palme-Platz)

1987 wurde der Brunnen am Olof-Palme-Platz von der Queen höchstpersönlich eingeweiht. Der Künstler Volker Bartsch schuf dieses Kunstwerk vor dem Eingang des Berliner Aquariums in Tiergarten – ein spiralförmiger Brunnen aus Schieferplatten, Bronze und Granit, der an das Schneckenhaus der ausgestorbenen Tierart Ammoniten erinnern soll. „Ich wollte mit diesem Brunnen einen zeitlosen Beitrag zum Stadtbild schaffen“, erklärt der Berliner Bildhauer. Leider verewigen sich auch immer wieder Menschen mit unschönen Graffitis an dem Brunnen. Deswegen wurde er zum Aktionstag am Freitag von der Firma „Graffiti Frei“ gereinigt.

„Es gibt nichts Schlimmeres als verrottete, unansehnliche Plätze“, findet Bildhauer Bartsch, der weltweit mehr als 35 Großobjekte im städtischen Raum schuf. Er ist froh, dass sich auch Privatleute für ein sauberes Stadtbild engagieren. „Es ist wichtig, dass sich die Bürger auch für öffentliche Plätze zuständig fühlen.“ Schließlich ist der Platz so etwas wie der Rote Teppich zum Eingang des Aquariums. Ein Aktionsbündnis aus Anwohnern, den umliegenden Hotels wie dem Waldorf-Astoria und dem Interconti, der Bezirksverwaltung Mitte und dem Zoologischen Garten sorgt seit 2012 für einen ansehnlichen Olof-Palme-Platz. Sie reinigen den Platz und pflegen die Rosen um den Brunnen herum und kümmern sich um die Beseitigung immer neuer Graffitis.

In Tiergarten wurde der Brunnen am Olof-Palme-Platz von Graffiti befreit.
In Tiergarten wurde der Brunnen am Olof-Palme-Platz von Graffiti befreit.

© Jana Scholz

Aus dem verwilderten Hinterhof wird ein Spielplatz (ASB Notunterkunft Tiergarten)

Es riecht nach feuchtem Laub und Erde im Hinterhof der Notunterkunft des Arbeiter-Samariter-Bundes in Moabit. Bereits um die zehn Flüchtlinge, eine Freiwillige aus der Nachbarschaft und viele eifrige Kinder sind am Werk: Der verwilderte Hinterhof soll zu einem Obst- und Gemüsegarten mit einem kleinen Spielplatz werden. Dafür muss erst einmal jede Menge Unkraut und Gebüsch entfernt werden. „Bevor wir das Haus vor einem Jahr als Notunterkunft bezogen haben, stand es sechs Monate leer“, erzählt Steffen Kühn vom ASB. Nun will er Himbeeren und sogar Kiwis anbauen.

Damit die Kinder der Flüchtlinge hier spielen können, helfen heute viele Bewohner und Freiwillige mit. Der kleine Hoisefa hat sogar ein rotes Spielzeug-Karussell im Gebüsch gefunden. Und auch die zwei Töchter von Diana Demitrovic, die mit ihrer Familie aus Belgrad geflohen ist, stapeln fröhlich Äste zu einem Haufen. „Es ist traumhaft hier“, sagt Diana auf Kroatisch. Zuvor musste sie in einer improvisierten Siedlung unter einer Brücke leben. In der Notunterkunft in Tiergarten bewohnt sie nun mit ihrem Mann Sinan und ihren Kindern ein Zimmer, bekommt Kleidung und etwas zu essen. Wie lange sie noch hier bleiben dürfen, wissen sie jedoch nicht; ihr Antrag auf Asyl wurde abgelehnt. In der Notunterkunft leben knapp 150 Menschen, die aus ihrer Heimat in den Balkanländern, Iran, Irak, Pakistan oder Syrien fliehen mussten.

Eine schöne Stadt ist eine soziale Stadt (Max-Planck-Gymnasium)

„Die Aktion hat sich gelohnt. Es war super, wie diese Schulklasse gemeinsam diskutiert hat“, sagt Ex-Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer. Er überreichte der 10d des Max-Planck-Gymnasiums das Spiel „Vor?Urteile!“– und spielte es auch gleich mit den Schülern. Zu Aussagen wie „Schwule spielen keinen Fußball“ mussten sich die 15- bis 16-Jährigen positionieren: im wahrsten Sinne des Wortes. Sie stellten sich zu den bunten, auf dem Boden verteilten Schildern mit Statements wie „Übelst rassistisch“, „Sattes Vorurteil“ und „Komisch, aber o.k.“. Dabei entstanden aufgeregte Diskussionen, auch darüber, dass eine schöne Stadt auch eine soziale Stadt ist.

Zuvor hatten die Schüler gelernt, wie man Vorurteile, Klischees und Rassismus überhaupt unterscheidet. Auch die Schüler Ida, Rahma und Max haben das Spiel für gut befunden: „Man denkt sonst kaum nach über die eigenen Vorurteile. Obwohl wir eigentlich eine sehr multikulturelle Klasse sind. Bei uns ist jeder anders.“ Der Lehrer der 10d, Christoph Hummel, will das interaktive Spiel auf jeden Fall wieder im Unterricht einsetzen: „Das Spiel ist sehr einfach, aber geht doch tief.“ Es ist das erste von hundert Spielen, die an Schulen in ganz Deutschland verteilt werden sollen und war mithilfe von Spenden produziert worden. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass das bedrohte Max-Planck-Gymnasium nun doch nicht geschlossen nicht geschlossen werden soll.

Die 10d des Max-Planck-Gymnasiums in Mitte erhielt von Ex-Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer das Spiel „Vor?Urteile!“.
Die 10d des Max-Planck-Gymnasiums in Mitte erhielt von Ex-Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer das Spiel „Vor?Urteile!“.

© Jana Scholz

"Was vergessen?" (Soldiner Kiez)

Im Soldiner Kiez hatte die „Soldiner Verantwortung“ unter dem Motto „Wir packen selber an!“ zur Spielplatzverschönerung  eingeladen. Kinder waren „extrem willkommen“. Die Teilnehmer bekämpften nicht nur den Müll, sondern schnappten sich auch Eimer, Pinsel und Farbe und strichen das spielplatzeigene Piratenschiff rot und die Geländer grün an. Gegen zukünftige Müllsünder wurden auf dem Spielplatz Schilder mit der Aufschrift „was vergessen?“ aufgestellt und auch am Eingang angebracht.

Die kleinen und großen Aktivisten stutzten außerdem die Büsche auf eine Höhe, die den Spielplatz wieder um einiges größer erscheinen lässt. Die Äste wurden mit viel Schwung auf große Haufen geworfen. Aber Vorsicht war geboten vor Dornenstichen. Rund um die Tischtennisplatten war nun wieder genug Platz geschaffen, sodass sich die Kinder ihre Tischtenniskellen schnappten und spielen konnten. So ernteten sie zum Schluss sogleich den Lohn für ihre Arbeit.

Hat hier jemand seinen Müll vergessen?
Hat hier jemand seinen Müll vergessen?

© Karim El-Helaifi

"Die Frauen wollen selbst, dass es hier schön ist" (Frauentreff Olga)

„Unser Müll ist anders“, sagt die Krankenschwester des Frauentreffs Olga in der Kurfürstenstraße in Tiergarten. Der Notdienst für die Frauen im Kiez, der oft „Drogenstrich“ genannt wird, nimmt mit seiner Reinigungsaktion zum zweiten Mal beim Aktionstag teil. Auf einer Brachfläche in der Nachbarschaft liegen viele benutzte Kondome, aber auch Handtaschen und Kleidungsstücke. „Selbst dieser Art von Müll versuchen wir, etwas Komisches abzugewinnen“, sagt eine Mitarbeiterin des Frauentreffs.

Schließlich soll die Reinigungsaktion auch einfach Spaß machen und für Geselligkeit sorgen. Im letzten Jahr machten dreißig Helferinnen mit, sowohl die Mitarbeiterinnen des Frauentreffs wie auch die Prostituierten der Kurfürstenstraße. „Die Frauen wollen selbst, dass es hier schön ist“, bestätigt Monika Nürnberger. Sie ist seit vier Jahren als Leiterin des Frauentreffs tätig, den Notdienst gibt es jedoch schon seit fast dreißig Jahren. „Prostitution spielt in dieser Gegend schon seit über hundert Jahren eine Rolle“, erklärt Nürnberger. „Mir ist es aber immer wichtig, die einzelnen Menschen zu sehen und sie nicht zu verallgemeinern.“

Als Streetworker kennen die Mitarbeiter des Frauentreffs die meisten der Prostituierten der Kurfürstenstraße, und viele von ihnen nutzen das Beratungsangebot des Notdienstes. Am Ende des Tages haben die Helferinnen viele Tüten mit Müll gefüllt, die die BSR noch direkt am Aktionstag abgeholt hat. Auch Kaffee und Kuchen gab es für alle Helferinnen. Weil der Müll jedoch das ganze Jahr Thema in der Kurfürstenstraße ist, organisiert der Frauentreff zusätzlich alle drei Monate einen Nachmittag um den Kiez gründlich zu reinigen.

Für alle Unterstützer gab es Kaffee und Kuchen
Für alle Unterstützer gab es Kaffee und Kuchen

© Jana Scholz

Clean up the Mitte (James-Simon-Park)

Kippen, Kronkorken und Glasscherben sammelten die Freiwilligen der Aktion „Clean up the Mitte“ am Freitag rund um den Hackeschen Markt ein. Der Berliner Tourismuswerber visitBerlin hatte mehrere Einrichtungen wie das DDR-Museum, die Industrie- und Handelskammer Berlin, den Hotel- und Gaststättenverband sowie das Tourismusportal „visitBerlin“ für eine Reinigungsaktion zusammengetrommelt. Denn der Monbijoupark wird oft als Grillwiese genutzt, und auch der James-Simon-Park gegenüber der Museumsinsel wird von Berlinern und Touristen gern besucht.

Unter den Helfern waren viele Kinder: „Vor allem die kleinen Besen gingen gut weg“, erzählt Katharina Zierenberg von „visitBerlin“ lächelnd. Sie weiß auch, dass die Tücke im Detail liegt. Denn es braucht schon ein scharfes Auge, um die unzähligen Zigarettenstummel und Scherben im Gras und zwischen den Pflastersteinen zu erkennen. Dafür stellte die BSR den Helfern lange Zangen, Handschuhe und Mülltüten. Die Freiwilligen verteilten außerdem sogenannte „Aschenbecher to go“ an Passanten – damit in Zukunft hoffentlich weniger Zigaretten auf der Straße landen.

Plastik auf der Monbijoubrücke

Begeistertes Jubeln und Klatschen beendet die Schau der „Ratten“ auf der Monbijoubrücke. Die Ratten – das sind professionelle Schauspieler in Rattenkostümen, die unter der Leitung von Andrea Bittermann an verschiedenen öffentlichen Plätzen in Berlin ihre Revue aufführen. In einer Mischung aus Tanz, Gesang und Schauspiel zeigen die Ratten, was eigentlich mit dem Müll passiert, den man draußen liegenlässt. Solche Essensreste ziehen Ratten nämlich an, und tatsächlich sehen die tanzenden und singenden Ratten auf der Brücke alles andere als dünn aus.

Mit dieser Aufführung auf der Monbijoubrücke wollte Bittermann besonders auf den Plastikmüll hinweisen. „Wir haben permanent Plastik in unserem Körper. Wie nehmen es mit der Nahrung und mit Kosmetik über die Haut auf, und so kommt es auch ins Grundwasser“, beschreibt die Regisseurin. Raphael ist einer der Schauspieler: „Ich finde es schön auf der Straße zu spielen und nicht in einem stickigen, geschlossenen Raum.“ Das Publikum sind häufig Passanten, die unvorbereitet in das Schauspiel hineinlaufen und von rappenden Ratten überrascht werden. Dass der Kontakt mit dem Publikum dadurch umso intensiver ist, beweisen die lachenden, fotografierenden Zuschauer am Aktionstag auf der Monbijoubrücke.

Müll zieht die Ratten an.
Müll zieht die Ratten an.

© Jana Scholz

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