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Die Grünen in Mitte räumen im luisenstädtischen Park auf Freiwillige schmeißen sich sich in die Büsche.

© Tsp

Gemeinsame Sache in Berlin-Mitte 2016: Mitteschön

Auch in Mitte wurde gekehrt und gepflegt - und dabei Musik gehört.

Das Team rund um Grünen-Abgeordnete Silke Gebel  lässt es an diesem Samstagvormittag langsam angehen. Volker Hobrack vom Bürgerverein Luisenstadt hat sich bereit erklärt, den Helfern erst einmal eine exklusive Führung über das Bodendenkmal zu geben. Wo früher die luisenstädtische Kirche stand, symbolisieren heute Hecken den Grundriss. Leider sind die vermüllt, wie Peter Knipper bereits entdeckt hat. Beherzt wirft sich der Helfer in die Büsche und holt Kronkorken und Schnipsel hervor – mit bloßen Händen. Mit den Arbeitshandschuhen könne er nicht so gut zupacken, sagt er.

Togostraße ohne Müll

Am späten Nachmittag zieht noch einmal das Wahlkampfteam von Daniel Gollasch los, dem Direktkandidaten der Grünen Wedding, um den Malplaquetkiez vom Müll zu befreien. Treffpunkt war die Comedy-Kneipe Mastul. Schon am Vortag hatte die Truppe das Afrikanische Viertel nach den Hinterlassenschaften achtloser Bürger durchstreift.

Für Gollasch ist es nicht die erste derartige Aktion. Bereits im April hatte die Ortsgruppe zum Frühjahrsputz aufgerufen. Damals seien nicht nur Parteimitglieder, sondern auch viele genervte Anwohner gekommen, sagt der Grünen-Politiker. „Man kann mit einem Aktionstag natürlich nicht das Müllproblem des Bezirks lösen“, so Gollasch. „Aber für alle war es ein gutes Gefühl, die Mittelpromenade der Togostraße mal ohne Dreck und Sperrmüll sehen zu können.“

Zwischendrin ein paar Blumenzwiebeln  

Bezirksstadtrat Carsten Spallek hat Blumen mitgebracht, genauer gesagt: 1.200 Blumenzwiebeln. Dummerweise können die Tulpen und Krokusse aber noch nicht gesetzt werden. In dieser Spätsommerhitze würden sie eingehen.

Auch sonst gibt es am Magdeburger Platz gar nicht viel zu tun, wie der CDU-Ortsverband Mitte feststellen muss: „Der Zaun, für den ich mich die ganze Zeit eingesetzt habe, zeigt offenbar Wirkung“, freut sich Spallek. Nur rund um eine herausgerissene Mülltonne liegt etwas Abfall verstreut. Den räumt der Bezirkspolitiker noch schnell weg. Dann muss er auch schon weiter. Ist ja schließlich Wahlkampf.

Den Platz sauber halten

Im Fußballclub Viktoria Mitte wird heute nicht nur auf dem Platz geschwitzt. Unter Anleitung von Lyés Bouziane schuften rund 50 Vereinsmitglieder schon seit dem Vormittag, um die Sportanlage in Schuss zu bringen. "Das Bezirksamt hat nicht genug Geld, um alles sauber zu halten", erklärt Bouziane. Die 2.500 Vereinsmitglieder seien es daher gewohnt, selbst Hand anzulegen.

"Inzwischen ist es ziemlich heiß, deshalb haben wir die Kinder aus der Sonne genommen", sagt Bouziane am Nachmittag. Bis dahin haben die Helfer aber auch schon viel geschafft: Die Platzbegrenzungen sowie der über den Sommer hinweg verwilderte Garten wurden vom Unkraut befreit. Das Gestrüpp legten die Helfer auf den Fuchsbau in der Ecke. "Viktoria Mitte" ist eben mehr als nur ein Sportclub: Auch Naturschutz und soziale Arbeit wird hier groß geschrieben.

Aktionen am Freitag

Mit Besen und Stil - Schon die Kleinsten sind ganz groß im Helfen in der Quitzowstraße.
Mit Besen und Stil - Schon die Kleinsten sind ganz groß im Helfen in der Quitzowstraße.

© TSP

Sozialpädagoge Maik Schaper muss die Pause förmlich anordnen, so voller Elan haben sich seine Klienten in die Arbeit gestürzt. Dabei müssen viele auf ihre Gesundheit achten. Rolf Henning zum Beispiel ist Diabetiker und soll viel trinken. Aber die Bewegung tue gut, sagt der stattliche Mann und schwingt begeistert den Besen.

Vier Teams des Vereins KBS e.V. (Kontakt und Begegnungsstätte), der vier Einrichtungen für psychisch kranke Menschen betreibt, haben sich je an einem Ende der Utrechter und der Malplaquetstraße im Wedding positioniert. Sie arbeiten sich sternförmig mit Besen, Müllsäcken und Kneifern bewaffnet bis zur Mitte vor.

Beendet wird die Aktion mit einem gemeinsamen Mittagessen auf dem Platz, das die Helfer schon am Vortag selbst gekocht haben.

Zuvor spendieren aber die Kiezmütter schon mal eine Runde Gebäck. Elke Gres und Matthias Schmidt greifen dankbar zu. Seit neun Uhr morgens sind sie schon auf den Beinen und haben die Utrechter Straße von achtlos weggeworfenem Müll befreit. Zigarettenstummel, Kronkorken und allerlei Verpackungen landen in ihren Mülltüten.

„Es ist schön, wenn man was macht und gleich ein Resultat sieht“, freut sich Matthias Schmidt. Seiner Begleiterin Gres geht es darum, zu zeigen, „dass was gemacht wird“. Das funktioniert: Eine Frau auf dem Fahrrad habe sich schon im Vorbeifahren für das Engagement bedankt, berichten die beiden Helfer.

"Die Kinder sind spitzenmäßig" 

Eine Staubwolke liegt über dem Platz in der Quitzowstraße 109. Während sich die Erwachsenen stöhnend die Stirn abwischen, scheint es die Kinder nicht zu stören. Im Gegenteil: Mit Genuss schieben sie den Dreck mit ihren kleinen Besen auf Haufen, die die Großen in Tüten schaufeln. "Gut 30 Müllsäcke haben die Helfer nach einer Stunde schon zusammen getragen", sagt Annette Haußmann von der Initiative "Misch mit!", die zur Verschönerung der Grünfläche neben einer Flüchtlingsunterkunft aufgerufen hat.

Eine junge Neuberlinerin ist dem Aufruf gefolgt. Vor einem Jahr ist sie in die Gegend gezogen, aber noch nicht so recht im Kiez angekommen. Den Freiwilligentag findet sie eine tolle Sache, denn es sei "die unkomplizierteste Art, einfach mal vorbei zu schauen und sinnvolle Initiativen kennen zu lernen."

Aber vor allem die Bewohner der Unterkunft packen mit an. „Die Kinder sind spitzenmäßig“, so Haußmann. „Die saßen schon um halb 12 hier, mit ihren Westen und Namensschildern, hochmotiviert.“ Um 15 Uhr wollen alle zusammen Pause machen. Claire Pfromm richtet schon mal die Tafel auf einer der Tischtennisplatte an. Die Familie des Hostelverwalters hat Wasser gespendet. Das tut gut in dieser staubigen Hitze!

In der Quitzowstraße wird mit Groß und Klein gemeinsame Sache gemacht.
In der Quitzowstraße wird mit Groß und Klein gemeinsame Sache gemacht.

© TSP

Vom Sande verweht 

Auch in der Hansa-Grundschule fanden die „Kehrpakete“ der BSR „reißenden Absatz“, berichtet Schulleiterin Patricia Horeni. Die Direktorin ist nur traurig, dass sie die Besen und Handschuhe am Ende des Tages wieder zurückgeben muss. Ihr Schulhof ist der größte in ganz Mitte. Er erstreckt sich von der Hansa- bis zur Lessingbrücke.

„So eine Putzaktion könnte man hier ruhig öfter machen“, sagt Horeni. „Sonst versandet das immer schnell".

Sand wäre dann auch das richtige Stichwort, denn der Sandkasten mit dem großen Klettergerüst in der Mitte des Schulhofes hat sich längst über seine Holzbegrenzung hinaus über den Hof verteilt und die Schüler haben alle Hände voll zu tun, ihn in seine Schranken zu verweisen. Zur morgigen Schuleinweihungsfeier soll aber wieder alles tip-top in Ordnung sein.

Mit Besen und Beats

Viele Schulen nutzen den Freiwilligentag, um pünktlich zum Schulstart alles auf Vordermann zu bringen. An der Carl-Bolle-Schule in der Waldenserstraße schwangen etwa hundert Kids zum Beat aus einem Ghettoblaster den Besen. „Die haben in einem Affenzahn losgelegt“, sagt Organisatorin Sabine Slepicka. Für Getränke und Pausensnacks war gesorgt.

Um halb drei war bereits alles erledigt. Nur ganz hinten im Hof sind zwei Schülerinnen noch nicht ganz zufrieden und fegen noch etwas Laub zusammen. Die kleine Melike hilft noch ein bisschen mit – und posiert fast schon professionell für das Bild der Reporterin.

Melike macht sauber und posiert nebenbei für die Kamera.
Melike macht sauber und posiert nebenbei für die Kamera.

© TSP

Am Planschbecken putzen mit Ramona Pop

Ramona Pop durchstreift das Gebüsch am Rande des Planschbeckens am Nordbahnhof. "Das ist ein bisschen eklig hier", sagt sie und wirft einen Blick auf ihre Füße, die in Sandalen stecken. Aber deshalb sind sie, Özcan Mutlu und ihr Team ja hier: Damit es nachher schöner aussieht.

Die Müllsammelaktionen im Wahlkreis der Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus hat bereits seit einigen Jahren Tradition. Sie mache das also nicht nur, weil Wahlkampf sei, betont Pop. "Das Problem hier in Mitte ist, dass alles so eng bebaut ist. Es gibt nur wenige Erholungsflächen wie diese hier." Entsprechend viel genutzt wird der kleine Park – gerade an so schönen Tagen wie heute.

Müllsammelaktion von Flussbad Berlin

Zigarettenstummel sind nicht nur ein unschönes Ärgernis und lästig in der Beseitigung, sondern auch regelrechtes Gift für Gewässer. Die Filter lösen sich im Wasser nicht auf, sondern landen stattdessen häufig in den Bäuchen der Fische. Deshalb macht sich der "Flussbad Verein" schon zum zweiten Mal auf, den Müll entlang des Spreekanals einzusammeln.

Firmen packen an: Lilian Ong und Marc Krüger sammeln ein, was stört.
Firmen packen an: Lilian Ong und Marc Krüger sammeln ein, was stört.

© TSP

Vom Bodemuseum bis zur Schlossbrücke ziehen die mehr als 15 Freiwilligen in ihren weißen Ganzkörperanzügen auf und ab und demonstrieren damit zugleich für eine saubere Spree. Der Verein wirbt mit der Aktion auch für seine Idee, den Spreekanal in ein öffentliches Schwimmbad zu verwandeln. Bevor das Wasser Badequalität erlangt, gibt es aber noch viel zu tun. Am Ende des Tages wollen die Aktivisten den eingesammelten Müll statistisch auswerten und ein Zeichen für den Gewässerschutz setzen.

Firmen packen an

Eigentlich sieht alles sauber aus im Waldeckpark in Mitte. "Wenn man jedoch genauer hinsieht, merkt man, dass hier schon mehr Schmutz ist", sagt Marc Krüger von der Meyer Fachkräfte GmbH. Er und Lilian Ong vom Sprachinstitut Berlin in der Alten Jakobstraße 87 sind dieses Jahr erstmalig bei der Aktion dabei und haben bereits leere Wodkaflaschen, Zigarettenstummel und weiteren Unrat aufgesammelt.

Auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel sammelt heute fleißig mit. "Wir möchten, dass die Firmen drumherum sehen, dass man etwas für seine Mitmenschen im Kiez tun kann", sagt Ong. "In der Mittagspause sitzen die meisten ja auch hier draußen und genießen den Park. Wir möchten da ein Vorbild sein". Krüger fügt hinzu: "Ich möchte jetzt schon darauf achten, wie ich die Umwelt meinen Kindern hinterlasse".

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