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Saubere Sache in Mitte: Die Demokratie-Trainer

„Gesicht zeigen!“ engagiert sich für Toleranz. Am Aktionstag werden Stolpersteine geputzt, die an ermordete Berliner Juden erinnern Sache.

Das kostenlose Zivilcourage-Training des Vereins (www.gesichtzeigen.de) findet am Tagesspiegel-Aktionstag, 15. September, von 10 bis 16 Uhr in den Räumen der Ausstellung „7 x jung“, Flensburger Str. 3 in Mitte, statt (S-Bahnbögen 416 bis 422). Zehn Plätze stehen zur Verfügung. Kontakt können Sie zu den Initiatoren dieser Veranstaltung über einen Klick auf die Karte oben aufnehmen.

Trainingsplatz für mehr Respekt. Sophia Oppermann und Rebecca Weis (rechts) von „Gesicht Zeigen!“ in einem Raum der Ausstellung, der wie eine Sporthalle eingerichtet ist. Dort können Schulklassen in Spielen die Vorzüge von Zusammenarbeit und Rücksichtnahme erfahren.
Trainingsplatz für mehr Respekt. Sophia Oppermann und Rebecca Weis (rechts) von „Gesicht Zeigen!“ in einem Raum der Ausstellung, der wie eine Sporthalle eingerichtet ist. Dort können Schulklassen in Spielen die Vorzüge von Zusammenarbeit und Rücksichtnahme erfahren.

© Thilo Rückeis

Was braucht man, um jungen Menschen klarzumachen, was Verfolgung und Diskriminierung in einem totalitären Staat bedeuten? Dem Verein „Gesicht zeigen!“ reichen dafür manchmal schon ein billiges Handy und ein blaues Stück Seife. Die beiden Gegenstände liegen in zwei Glasvitrinen der Ausstellung „7 x jung“ in den Räumen am S-Bahnhof Bellevue in Mitte. Sie machen wenig Eindruck auf die Schulklassen, die hierher kommen. Bis die Jugendlichen eine kurze Geschichte hören: Im Dritten Reich war es jüdischen Menschen unter anderem verboten, zu telefonieren und Seife zu besitzen. In Anbetracht der millionenfachen Morde sind diese Verbote kleine Mosaiksteinchen des nationalsozialistischen Terrors. Für die Jugendlichen aber machen sie das Unrecht unmittelbar begreifbar. Sie fragen sich: „Wie würde ich mich fühlen, wenn mir die Gesellschaft mein Handy und meine Kosmetika verbietet ?“

Genau das wollen die Macher der Ausstellung, der Verein „Gesicht zeigen!“, erreichen. „Wir gehen von der Lebenswelt der Jugendlichen von heute aus, um ihnen die NS-Geschichte begreiflich zu machen“, sagen die Geschäftsführerinnen von „Gesicht zeigen!“ Rebecca Weis, 49, und Sophia Oppermann , 44. Es gibt viele solcher Übertragungen in der ungewöhnlichen Ausstellung, die das Umfeld heutiger Jugendlicher in sieben Themenbereichen aufgreift. Zum Beispiel ein modernes Jugendzimmer, das so zerstört ist, als habe die Gestapo es durchsucht. Das wirkt. „Wir erleben bei den Jugendlichen echte Betroffenheit“, sagt Sophie Oppermann. Aber es geht den Machern der Ausstellung nicht nur darum, zu ermahnen und betroffen zu machen. Sie wollen auch positive Werte vermitteln. Oppermann und Weis nennen ihre Räume einen „Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt“. Und tatsächlich gibt es einen Raum, der wie eine Sporthalle eingerichtet ist, mit Ringen und einem Turnkasten. Hier werden die Schulklassen aktiv und lernen in Spielen die Vorzüge von Zusammenarbeit und Rücksichtnahme.

Es ist das erklärte Ziel von „Gesicht zeigen!“, über Fremdenhass, Intoleranz und Antisemitismus aufzuklären. Der Verein wurde vor zwölf Jahren als Reaktion auf verschiedene rassistische Übergriffe in Deutschland gegründet. Initiatoren waren unter anderem der damalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Haye und inzwischen verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel. Der Verein betreut neben der Ausstellung „7 x jung“ viele weitere Projekte. Darunter die Aktion „Störungsmelder on tour“, bei der Prominente wie der Moderator Klaas Heufer-Umlauf an Schulen mit Jugendlichen über ihre Erfahrungen mit Diskriminierung und Fremdenhass sprechen. Es gibt auch ein Projekt zum Thema religiöse Toleranz, das sich vor allem an muslimische Jugendliche richtet.

„Wir wollen mit unseren Projekten auch einen Anstoß geben, sich selbst zu engagieren“, sagt Rebecca Weis. Dazu passt das neueste Angebot des Vereins, das sich an die breite Öffentlichkeit richtet: ein Training für Zivilcourage. In einem sechsstündigen Kurs lernen die Teilnehmer, was sie tun können, wenn sie Zeugen von Gewalt und Diskriminierung in der Öffentlichkeit werden. Zum Beispiel, wenn in der U-Bahn Menschen verprügelt oder rassistisch beleidigt werden. „Viele Leute leiden darunter, wenn sie in solchen Situationen dem Opfer nicht helfen können“, sagt Sophia Oppermann. Beim Zivilcourage-Training erklären zwei Pädagoginnen, wie man das Opfer in solchen Situationen unterstützen kann, ohne sich unnötig in Gefahr zu bringen. Die nächsten Kurse für Anfänger finden am 15. September und am 13. Oktober statt, die Teilnahme kostet 20 Euro. Im Rahmen der Aktion „Saubere Sache“ bietet der Verein „Gesicht zeigen!“ den Lesern des Tagesspiegels am 15. September eine kostenlose Teilnahme an. Bei diesem Termin soll die Zivilcourage auch gleich in der Praxis umgesetzt werden: Die Teilnehmer werden „Stolpersteine“ im Umkreis des S-Bahnhofs Bellevue reinigen. Die kleinen Messingplatten erinnern an Anwohner, die während der NS-Herrschaft verschleppt und ermordet wurden.

Das kostenlose Zivilcourage-Training des Vereins (www.gesichtzeigen.de) findet am Tagesspiegel-Aktionstag, 15. September, von 10 bis 16 Uhr in den Räumen der Ausstellung „7 x jung“, Flensburger Str. 3 in Mitte, statt (S-Bahnbögen 416 bis 422). Zehn Plätze stehen zur Verfügung. Kontakt können Sie zu den Initiatoren dieser Veranstaltung über einen Klick auf die Karte oben aufnehmen.

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